Magazin für Medienjournalismus. Ausgabe 63
Seit 1998 herausgegeben von Björn Brückerhoff
Interview: Björn Brückerhoff
Bild: Lieven L. Litaer/Bearbeitung Neue Gegenwart®
Lieven Litaer gehört zu den wenigen Menschen weltweit, die fließend Klingonisch sprechen. Die Klingonen sind ein fiktives Kriegervolk aus dem Star Trek-Universum mit Rillen auf der Stirn (und anderswo) sowie temperamentvollem Auftritt. 1967 wurden sie zunächst als Gegenspieler der demokratisch organisierten und von der Erde aus geführten Föderation vorgestellt, im Verlauf eines halben Jahrhunderts Star Trek jedoch immer weiter ausdifferenziert. Inzwischen sind sie zwar noch immer ein bisschen Feindbild, aber eines mit Tiefgang.
Parallel zu Perestroika und Glasnost wandelte sich auch der Umgang mit den Klingonen. In der Serie Star Trek: The Next Generation (1987-1994) war mit Lieutnant Worf schon der erste Klingone in Diensten der Föderation auf der Brücke zu sehen und dort recht bald ausgerechnet für die Sicherheit an Bord des Flaggschiffs zuständig. Seit dem zweiten Star Trek-Film ("Der Zorn des Khan", 1982) wird auch die klingonische Sprache entwickelt. Um die Sprache über verschiedene Filme und Serien konsistent zu halten, engagierte man mit Marc Okrand extra einen Linguisten. Enthusiastische Fans trugen im Laufe der Jahrzehnte dazu bei, die Sprache ständig weiterzuentwickeln. Auch Okrand mischt noch kräftig mit und segnet neue Begriffe regelmäßig ab.
Die Einsatzfähigkeit der Sprache ist auch daran zu erkennen, dass Lieven Litaer in der Lage war, zwei Klassiker der Weltliteratur ins Klingonische zu übersetzen: Antoine de Saint-Exupérys Kleinen Prinzen ("ta'puq mach") und Lewis Carrolls Alice im Wunderland ("QelIS boqHarmey"). Kostprobe: "DaH Du’Hom ’IH pawmeH lojmIt mach veghlaH machmo’ porghDaj" bedeutet zum Beispiel „Sie konnte jetzt durch die kleine Tür in den Garten gehen, da ihr Körper ganz klein geworden war“. Bereits zwei Mal durfte Litaer zudem das Intro der Sendung mit der Maus auf Klingonisch einsprechen. Auch hat er die klingonischen Untertitel für die Star Trek-Serie Discovery verfasst.
Litaer veranstaltet jährlich das "qepHom" ("Kleines Treffen"), einen Sprachkurs für Nachwuchsklingonen und klärt sprachliche Fragen immer wieder Marc Okrand persönlich. Dabei setzt er sich bei seinem Hobby auch mit Kritik auseinander ("Das ist doch nur für abgefreakte Nerds, die bei Mama im Keller wohnen") und sieht das Ganze auf der Meta-Ebene eher als intellektuelle Übung im Feld der Linguistik. Im echten Leben ist Lieven Litaer Architekt in Saarbrücken. Mehrere menschliche Sprachen spricht er übrigens auch.
Neue Gegenwart®: Herr Litaer, was macht die Klingonen aus und warum sind sie so faszinierend?
Lieven L. Litaer: Die Klingonen waren bei Star Trek immer schon das perfekte Feindbild und wurden während des Kalten Krieges gerne als Parallele zu den Russen dargestellt. Dies zeigte sich deutlich, als 1991 im Film Das Unentdeckte Land die Klingonen mit den Menschen erstmals Frieden schlossen.
Die besondere Eigenart der Klingonen ist, dass diese nie als simple und platte Bösewichte dargestellt wurden, sondern ihre Handlungen immer auf ihren Prinzipien basierten, die man als Zuschauer oft sogar nachvollziehen konnte. Somit konnten sich viele Zuschauer auch schnell mit ihnen identifizieren. Während die Klingonen zugleich militärisch organisierte Samurai-Krieger im Wikinger-Outfit sind, lieben sie es auch, zu feiern und das Leben zu genießen. Vorsichtig oder zart geht es dabei nie zu. Klingonen lieben den Schmerz und da gehört eine Prügelei unter Freunden zum Alltag. Ein Klingone ist sehr direkt und nimmt sich, was er will. Wenn auch die übertriebene Anwendung von Gewalt nicht erstrebenswert ist, wünschen sich viele Klingonen-Fans, sie könnten im Alltag so zielstrebig, mutig und selbstbewusst auftreten, wie es die Klingonen immer tun.
Wie kam es dazu, dass Sie Klingonisch gelernt haben?
Mein erster Kontakt mit der klingonischen Sprache war eigentlich ein purer Zufall und ein günstiges Zusammentreffen verschiedener Faktoren, die sich gegenseitig verstärkten. So war ich aufgrund des frühen Umzugs von Belgien nach Deutschland schon sehr früh mit dem Lernen von Fremdsprachen konfrontiert worden, und im Alter von 15 Jahren sprach ich schon vier Sprachen fließend. Zu jenem Zeitpunkt war ich bereits seit vielen Jahren ein großer Star-Trek-Fan, und hielt immer Ausschau nach interessanten Fanartikeln. So kam es, dass ich ein Fanpaket fand, in dem sich eine Audio-CD befand. Darauf war ein Audiosprachkurs, der grundlegende Sätze lehrte, die ich mit Freude aufnahm. Erst als ich etwa ein Jahr später – auch eher zufällig – auf das offizielle Klingonisch-Wörterbuch stieß, wurde mir erst richtig bewusst, dass dies tatsächlich eine vollständige Sprache ist. Damit war die Grundlage gelegt, und ich setzte mich daran, die Sprache intensiv zu lernen.
Wie sind Sie vorgegangen?
So wie bei jeder Sprache wichtig ist das Hören und auch die Wiederholung; Da ich am Anfang nicht mehr als diese CD hatte, hörte ich mir diese immer wieder an, bis ich sie fast auswendig kannte. Mit dem Wörterbuch, welches auch eine Grammatik enthält, bekam ich natürlich viel mehr Informationen, die ich nach und nach durcharbeitete, so wie man jede andere Sprache auch lernt, durch Abschreiben, Üben und Wiederholung. Was mir zuletzt jedoch sehr gut geholfen hat, war die Unterstützung auf der E-Mail-Liste des Klingon Language Institute. Drei Jahre später wurde ich dort selbst zum Anfänger-Betreuer bestimmt und war damit dort der erste Grammatiker, der nicht aus den USA kam.
Zur Person: Lieven L. Litaer
Lieven L. Litaer, geboren 1980 in Mol (Belgien), ist seit 28 Jahren von der klingonischen Sprache fasziniert und spricht diese verhandlungssicher, wenn man das für das Klingonische behaupten kann. 2019 hat Litaer das Deutsche Klingonisch-Institut gegründet. Schulausbildung und Studium der Architektur in Deutschland, Dipl.-Ing. 2005. Nach Stationen in Architekturbüros seit 2011 selbstständig. Lieven L. Litaer wohnt und arbeitet in Saarbrücken.
Deutscher Text | Klingonisch | Wörtliche Rück-Übersetzung |
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Lach- und Sachgeschichten – heute: | HaghmeH ghojmeH je lutmey. – DaHjaj: | Geschichten, um zu lachen und um zu lernen – heute: |
mit dem Weg der Sonne im Zeitraffer | nom jul He wItlha'qu'. | Wir verfolgen schnell den Kurs der Sonne |
Alexanders XXL-Erd-Modell | 'aleqSander tera' velqa' tInqu' | Alexanders sehr große Replika der Erde |
dem Geheimnis der gekippten Erdachse | pumlaw'bogh tera' pegh | Das Geheimnis der scheinbar umfallenden Erde |
Tagen, an denen die Sonne niemals untergeht | tlhom chum Hutlhbogh jajmey'e' | Tage, die keinen Sonnenuntergang haben |
und natürlich mit der Maus und dem Elefanten. | 'ej - net Sov – nutlhej Maus 'e'levan je. | und - das weiß man - es begleiten uns die Maus und der Elefant. |
Was gefällt Ihnen besonders am Klingonischen?
Die klingonische Sprache ist sehr spannend und vor allem Abwechslungsreich. Dadurch, dass sie als außerirdische Sprache geplant war, enthält sie sehr viele ungewöhnliche Konstruktionen. Man kann nicht einfach Wörter austauschen oder gar Ideen direkt übersetzen. An manchen Stellen fehlen grammatikalische Elemente, die man durch recht unübliche Konstruktionen umschreiben muss.
Ein anderer Aspekt ist jedoch auch die Kultur, die dahinter steckt. Wer die Klingonen kennt, weiß, dass sie manchmal sehr grob und direkt sind. Das erkennt man auch an der Sprache, die in der Regel direkt auf den Punkt kommt, ohne viele Umschweifungen oder unnötige Höflichkeitsfloskeln.
Wie viele Klingonisch-Sprecher gibt es – und wie viele sprechen die Sprache fließend?
Das sind leider Zahlen, die nicht wirklich belegt sind. Und wenn man Quellen dazu findet, sind diese sehr veraltet. Lange Zeit sprach man von höchstens 30 bis 40 fließenden Sprechern, aber das ist eindeutig nicht mehr der Fall. Es ist natürlich die Frage, ab wann jemand fließend spricht, und die Grenze dazu ist fließend. Ich gehe davon aus, dass die Zahl der Sprecher bei etwa 2.000 Personen weltweit liegt, von denen etwa 100 ein flüssiges Gespräch führen können. Diese Zahlen sind dennoch sehr vage und ich bin immer wieder überrascht, wenn ich von einer komplett fremden Person plötzlich einen perfekt geschriebenen, fehlerlosen Brief erhalte.
Inwiefern hat das Klingonische zu Ihrem eigenen Eintauchen in das Star Trek-Universum beigetragen?
Meine Verbindung zu Star Trek war ja schon vor dem Lernen der Sprache vorhanden, aber dadurch, dass die Klingonen ihre eigene Sprache haben, wirken sie realistischer. Bei der Wahrnehmung der Umwelt, auch einer fiktiven, kann man diese am besten aufgreifen, wenn alle Sinne betroffen sind. Durch den Film als Medium lassen sich nur zwei Sinne reizen: Sehen und Hören. Um sich perfekt in die Umgebung einzufühlen, braucht man neben dem visuellen Input eben auch den akustischen, und das wird durch das Hören der Sprache ermöglicht. Darüber hinaus hat das Klingonische einen unverwechselbaren Klang, der schon die Mentalität der Klingone widerspiegelt.
Eine zusätzliche Möglichkeit, durch Klingonisch in das Star-Trek-Universum einzutauchen entsteht natürlich durch den Lernvorgang. Alle Bücher zu dem Thema sind aus der Sicht des Star Trek-Universums geschrieben, sodass man quasi bei jeder gelesenen Zeile daran erinnert wird. In jedem Absatz heißt es "Wenn Sie einen Klingonen besuchen", "Ein Klingone wird dies so sagen" und "Dies ist ein klingonisches ..." usw. Marc Okrand spielt dieses Spiel bis heute durch: Wenn er keine Antwort auf eine klingonische Frage findet, dann liegt es daran, dass sein klingonischer Informant nicht gesprächig war.
Bei der Ausarbeitung der Sprache sind Linguisten involviert worden. Warum muss Klingonisch eine ausgearbeitete Sprache sein, hätten nicht auch einzelne Sätze ausgereicht?
Die Macher von Star Trek haben immer schon großen Wert darauf gelegt, dass die dargestellten Elemente realistisch sind. Raumschiffe sind nicht unendlich groß und eine Reise zum nächsten Stern dauert trotzdem eine gewisse Zeit. Es waren sehr häufig wissenschaftliche Berater an Bord, die den Autoren zur Seite standen und es wurde immer darauf geachtet, dass die Inhalte einer Folge auch in der nächsten Folge stimmig waren. Genauso wollte man es mit der Sprache machen. Man hätte nicht gewollt, dass es sich unecht anhört, und man wollte auch, dass die verwendeten Wörter in der nächsten Situation die selben wären, denn man wusste, dass die Fans auf sowas achten würden.
Die Klingonen waren immer schon ein wichtiger Teil von Star Trek, deswegen hatten Sie auch im ersten Kinofilm 1979 einen kleinen, aber markanten Auftritt. In dieser ersten Szene sprachen sie ihre ersten klingonischen Wörter und diese waren wirklich nur ein paar bedeutungslose Silben und keine langen Sätze. Als die Klingonen aber ein paar Jahre später wiederkehren sollten, wollte man auch, dass die Sprache so klingt wie im ersten Film. Dies war der Punkt, als der Linguist Marc Okrand dazu geholt wurde, denn in diesem Film hätten ein paar Wortfetzen nicht gereicht. Die Klingonen waren Hauptfiguren im Film und sprachen sehr viele Dialoge auf Klingonisch. Hier hätte jeder gemerkt, wenn es nur bedeutungsloses Geplapper wäre.
Von welchen Sprachen ist das Klingonische inspiriert?
Klingonisch ist von allen und von keiner Sprache inspiriert. Als Linguist kennt sich Okrand mit Sprachen sehr gut aus. Als er die klingonische Sprache entwickelte, wusste er, dass es eine außerirdische Sprache werden sollte. Er überprüfte die Grundeigenschaften vieler irdischen Sprachen und da Klingonisch keine irdische Sprache ist, drehte er genau diese Regeln für Klingonisch um. Klingonisch enthält viele Eigenschaften, die man auch in anderen Sprachen wiederfindet, aber es gibt keine Grundlage, an der sich Okrand orientiert.
Warum wurde ausgerechnet das Klingonische als fiktionale Sprache ausgearbeitet und nicht andere Sprachen aus dem Star Trek-Universum?
Dies lag vermutlich daran, dass die Klingonen eine der häufigsten außerirdischen Spezies in Star Trek waren, die immer wiederkehrten. Sicherlich gibt es auch viele andere wiederkehrende Außerirdische, aber im Laufe der Zeit wurden die Klingonen immer beliebter und waren Teil längerer Handlungsstränge. Bevor Okrand jedoch mit der Schaffung des Klingonischen beauftragt wurde, hatte er bereits mehrere Dialoge auf Vulkanisch übersetzt und für die neue Serie Star Trek Picard wurde eine Sprache für die Romulaner entwickelt. Letztere sind jedoch nicht so verbreitet wie Klingonisch.
Wie gewinnt die Sprache neue Wörter hinzu?
Es ist ein ungeschriebenes Gesetz unter Klingonisten, dass niemand eigenständig Wörter erfinden darf. Es liegt ausschließlich in Okrands Hand, neue Wörter vorzugeben. Zum Glück der Sprachgemeinde hatte Okrand immer schon viel Spaß daran, neue Wörter zu erfinden. Waren diese anfänglich nur vereinzelte Wörter, bietet er in den letzten Jahren über hundert neue Wörter pro Jahr an. Die Vorgehensweise ist recht simpel: Man fragt ihn und hofft, eine Antwort zu erhalten. Sowohl das Klingon Language Institute als auch das Deutsche Klingonisch-Institut haben beide ein Filtersystem, in welchem Interessierte ihre Fragen stellen können. Sehr häufig kann das Problem vorab gelöst werden, ohne ein neues Wort zu verlangen. Was in der List übrig bleibt, wird an Okrand weitergeleitet und anlässlich des jährlich stattfindenden Klingonischkurses veröffentlicht.
Die klingonische Begrüßung „nuqneH“ (gesprochen etwa: "nuk-nech") bedeutet „Was willst du?“ – Welche anderen lustigen Besonderheiten oder Easter Eggs gibt es im Klingonischen?
Die Bedeutung von nuqneH ist gar nicht mal so ein besonderes Easter Egg, denn ist ja ein ganz normales Wort, das eine recht plausible Erklärung enthält, da jede Silbe eine eigene Bedeutung hat. Aber dennoch hat die Sprache sehr viele Easter Eggs, die man erst nach genauer Betrachtung entdeckt. Wenn Marc Okrand neue Wörter erfindet, enthalten diese sehr häufig ein kleines Wortspiel. Manche sind offensichtlich, etwa das Wort für Feuer ist qul, wobei Feuer ja nicht "cool" ist. Einige sind auch recht banal rückwärts zu lesen, wie das Wort für "Perücke" qur'ep heißt. Sehr häufig ist das Wortspiel erst über mehrere Ecken erkennbar oder basiert auf persönlichen Erfahrungen von Marc Okrand, die man nicht ohne Weiteres erkennen kann.
Wie hat das Klingonische im Zeitverlauf das Bild der Klingonen in den Serien und Filmen beeinflusst?
Ich würde sagen, dass durch die Einführung der Sprache die Klingonen vollständiger wurden, die Spezies wurde realistischer und erhielt einen vorher nicht dagewesenen Aspekt. In der ersten Serie hatte die Klingonen nie Klingonisch gesprochen. Die ersten Laute, die man im ersten Kinofilm hörte, waren sehr rau und sie passten genau zu den Klingonen, untermauerten ihre grobe Art. Auch im Folgefilm, der viel mehr klingonische Dialoge enthielt, erhielten die Klingonen durch ihre Sprache mehr Substanz. Es waren nicht nur Außerirdische, die Deutsch sprachen, sondern sie sprachen etwas komplett Unverständliches, wodurch die Distanz vergrößert wurde.
Über die Jahre und Serien hinweg verwendeten sie immer wieder ihre Sprache, was zu einem Wiedererkennungsmerkmal wurde. Mit dem Beginn der neuen Serie Star Trek: Discovery in 2017 wurde dies aus Sicht der Fans sogar ein wenig übertrieben, da die Klingonen in diesem Fall sogar sehr lange Dialoge ausschließlich auf Klingonisch führten. Die Bedeutung der Sprache für die Fangemeinde zeigte sich zusätzlich darin, dass sich Netflix damals entschied, die komplette erste Staffel mit Untertiteln auf Klingonisch zu versehen.
Inwiefern hat die Existenz der klingonischen Sprache Einfluss auf die Fangemeinde?
Ein geringer Teil der Klingonisch-Lernenden haben gar keinen Bezug zu Star Trek, aber ohne dieses ist es kaum möglich, Klingonisch zu lernen. Die meisten Klingonisch-Interessierten sind große Star Trek-Fans und können sich durch das Lernen der Sprache noch näher mit Star Trek verbinden. Selbstverständlich entstehen dabei neue Gruppierungen, man lernt durch das Lernen Gleichgesinnte kennen. Alleine durch unseren Klingonischkurs in Saarbrücken sind viele Freundschaften entstanden von Personen, die sich sonst sicherlich nirgends getroffen hätten. Dazu kommend gibt es auch einen kleinen Teil der Trekkies, die Spaß am Verkleiden haben. Da bietet die Sprache natürlich ein gutes 'Accessoire', um die dargestellte klingonische Figur noch authentischer darzustellen.
Sie sind selbst Autor mehrerer Bücher und haben zudem Alice im Wunderland und Der Kleine Prinz ins Klingonische übersetzt. Haben Sie dabei selbst Wörter beigesteuert?
Mein persönliches Beisteuern neuer Wörter erfolgt nur indirekt, und zwar über Marc Okrand. Die Übersetzungen von Der Kleine Prinz und auch Alice im Wunderland stockten zuletzt immer bei fehlenden Wörtern. Auch wenn ich selbst diese Wörter nicht erfunden habe, kann ich schon behaupten, dass sie wegen mir entstanden sind. Viele davon sind typische Elemente aus der Geschichte – wie Brunnen, Schaf, zeichnen, Flamingo, Perücke, Siebenschläfer – aber auch einige der neuen Wörter sind vielseitig einsetzbar, zum Beispiel flüstern, rutschig, wachsen, seufzen und viele mehr.
Wie dynamisch ist die Sprache?
In den Anfängen ist die Sprache nur dann gewachsen, wenn ein neues Buch herauskam. Seit das Interesse der Sprachgemeinde aber gestiegen ist, und auch Marc Okrand mehr Zeit und Energie für neue Wörter hat, hat sich der Wortschatz in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt. Der Zuwachs enthielt vor allem alltägliche Begriffe (im Gegensatz zu Science-Fiction-Elementen), wodurch die Sprache viel brauchbarer geworden ist. Die Grammatik hat sich in dieser Zeit quasi nicht geändert, jedoch hat Okrand aufgrund der Fragestellung in den letzten Jahre viele grammatikalische Lücken geschlossen. Hinzu kommt auch noch eine ganz kleine Selbstständigkeit in der Sprache. Manche der Klingonisch-Experten spielen mit Sprache, bringen eigene umgangssprachliche Wortspiele hinein und bilden stellenweise auch ihre eigenen Wortkombinationen. Diese bleiben aber trotzdem nur umgangssprachlich und sind in der Regel regional oder auf bestimmten Gruppen beschränkt.
Gibt es Star Trek-Schauspielerinnen und Schauspieler, die Klingonisch sprechen?
Nein, nicht wirklich. Für die meisten Schauspieler war der Dialog nur ein Requisit im Film, das sie verständlicherweise direkt danach wieder abgelegt haben. Für die Produktion von Star Trek Discovery (wo sehr viel Klingonisch gesprochen wurde) hat man die Schauspieler sehr intensiv gecoached, sodass sie auch wissen, was sie sprechen. Vor allem Mary Chieffo, in der Serie als L'Rell die Kanzlerin der Klingonen, hat sich dabei sehr bemüht, die Sprache zu lernen und zitiert auf Conventions gerne Teile daraus. Richtig fließend sprechen kann sie es wohl nicht.
Sprechen Sie noch andere fiktionale Sprachen – und welche sind für Sie noch interessant?
Ich habe vor sehr vielen Jahren mal den Einstieg in Esperanto versucht, war jedoch schnell damit fertig. Im Gegensatz zu Klingonisch ist Esperanto sehr einfach aufgebaut, weswegen es aber nicht den Charme hat, den man bei Klingonisch findet. Dann greife ich eher zu den "Klassikern" unter den Film-Sprachen und habe mir schon Na'vi aus dem Film Avatar und auch Elbisch angeschaut. Hier habe ich aber wirklich nur Grundkenntnisse.
Haben Sie einen Lieblingssatz?
Es ist nicht explizit mein Lieblingssatz, aber auf diese Frage antworte ich gerne mit reH HIvje'lIjDaq 'Iwghargh Datu'jaj. Dies ist ein klingonischer Trinkspruch und bedeutet wörtlich "Mögest du immer einen Blutwurm in deinem Glas finden!" Mir gefällt dieser Satz so gut, weil er zugleich vom Klang her also auch von der Aussage her einfach nur typisch Klingonisch ist.
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Björn Brückerhoff, geb. 1979, hat Neue Gegenwart® gegründet und ist Herausgeber, Chefredakteur und grafischer Gestalter des Magazins. Grimme Online Award- und Lead Awards-Preisträger. Studium (Kommunikationswissenschaft, Politikwissenschaft und Psychologie, M. A.) und Promotion (Kommunikationswissenschaft) an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Industriekaufmann (Bertelsmann), Medienpraktiker seit 1996. Academic Director und Professor für Mediendesign, Medienmanagement und Kommunikationswissenschaft an der IU Internationalen Hochschule (es besteht kein Zusammenhang zwischen der Hochschule und Neue Gegenwart®). Schwerpunkte in Lehre, Forschung und Publikationstätigkeit sind die gesellschaftlichen, publizistischen und ökonomischen Wirkungen des digitalen Wandels. Freiberuflich tätig als Journalist, Autor, Dozent, grafischer Gestalter.