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Frankfurter Rundschau Online
Luxusgenuss
Von Janko Puls
Ist Medienjournalismus Luxus? Zumindest hat er es schwer in Zeiten knapper
Kassen. Gleich reihenweise strichen Verlage ihre Medienseiten zusammen,
immer flankiert von der Frage, ob dieses Ressort überhaupt eine
Daseinsberechtigung habe. Im Netz jedoch stellt niemand diese Frage, das
Sujet ist quicklebendig. Eine wahre Perle ist
Die Gegenwart
des Journalisten, Webdesigners und Industriekaufmanns Björn Brückerhoff.
Sechs Mal im Jahr erscheint das Magazin, immer mit einem Schwerpunktthema,
wie aktuell "Der Bildersturm", zur sich ändernden Bedeutung des Bildes in
den Medien. Die Themen werden aus allen Perspektiven beleuchtet. Einem
Interview mit Florian Illies (Generation Golf) folgt ein Porträt des
US-Investigativreporters Seymour Hersh. ARD-Nahost-Korrespondent Jörg
Armbruster plaudert aus dem Nähkästchen, Medienanwalt Jens Brelle schreibt
über "Journalismus und Ethik". Die Liste der Interviewpartner liest sich
mittlerweile wie ein Who is Who der Medienszene. Chefredakteure,
Journalisten, Künstler, Buchautoren, Wissenschaftler und Manager geben sich
die Klinke in die Hand: Medienwissenschaftler Peter Glotz,
RTL-Nachrichtenchef Peter Kloeppel und brandeins-Chefredakteurin Gabriele
Fischer, aber auch Musiker wie Smudo (Fanta 4) oder der Netzvisionär Howard
Rheingold sind vertreten.
Der wechselnde Autorenpool ist gut gemischt: Nachwuchsjournalisten und
Vollprofis, Rechtsanwälte und Professoren greifen in die Tasten. Das
erstaunt, gibt es doch für Texte und Bilder keine Honorare. Überhaupt
scheint alles anders als bei üblichen Medienmagazinen im Netz zu sein: Der
Auftritt verzichtet "zur Sicherung der publizistischen Unabhängigkeit"
völlig auf Anzeigen. Wie kann sich ein solches Angebot finanzieren? Es
brauche nicht viel, meint Brückerhoff, er komme mit zehn Euro im Monat,
Eigeninitiative und den Kosten für eine sowieso vorhandene DSL-Leitung aus.
Klein und
mobil heißt das Zauberwort. Diese Web-Site hat keinen schwerfälligen Verlag
im Rücken, sondern leistet sich den "Luxus der Werbefreiheit", weil der
Kaufmann das Angebot als Hobby betreibt. Das kommt nicht nur bei Lesern gut
an. Absagen habe er fast noch nie erhalten, meint der Mann hinter der
"Gegenwart". Die Bereitschaft mitzumachen sei groß.
Das Layout ist sachlich und aufgeräumt, die Artikel sind vorbildlich
untereinander verlinkt. Brückerhoff will mit dem reduzierten Layout das
Augenmerk auf das Wesentliche lenken: die Texte. Sie kommen meist in
erstaunlicher Qualität daher.
Die Mühe lohnt: Die Seite erhielt als als Independent-Online-Magazin des
Jahres 2004 den goldenen Lead Award. Und jüngst bekam der 25-jährige
Brückerhoff für sein Engagement den Grimme Online Award in der Kategorie
Gesamtverantwortung. Als BB-World startete das Magazin im Jahr 1998, 2003
kam ein Relaunch, den der layoutbegeisterte Macher selbst umgesetzt hat.
Inzwischen sind 38 Ausgaben erschienen. Von seinem Onlinemagazin kann und
will Brückerhoff nicht leben. Er betreibt es aus reiner Freude am Sujet. Und
nicht ohne Spaß: Obwohl das Magazin nur online erscheint, erlaubt sich
Brückerhoff den Luxus, für jede Ausgabe ein neues Zeitschriftencover zu
entwerfen.
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