Text: Silke Kettig
Bild: Pixabay
Wie funktioniert Künstliche Intelligenz (KI) im Journalismus aktuell in Deutschland und weltweit? Was sind die zukünftigen Möglichkeiten für den Einsatz des Roboterkollegen, was wird er aber vielleicht auch nicht leisten können? Und – ganz essentiell in der Debatte – wie ist eigentlich die Akzeptanz von computergenerierten Nachrichten beim Publikum? Diese Fragen stehen im Fokus dieses Beitrags, der versucht zu klären, welche Einsatzmöglichkeiten es für KI im Journalismus gibt. Und wo die Grenzen der Einsetzbarkeit der Maschine liegen.
KI im Journalismus – was ist das überhaupt?
Als die L. A. Times erstmals 2014 ein spezielles Programm einsetzte, das mit Daten des Innenministeriums Erdbebenmeldungen schreiben konnte, begann der Wettlauf zwischen Mensch und Maschine. Es entstand die erste computergenerierte News, die heute als Geburtsstunde des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz (KI) im Journalismus weltweit gilt. Künstliche Intelligenz, die aus einer großen Menge an Daten, einen Text produziert hatte. Etwas originär Neues, das bislang dem Menschen vorbehalten war.
Studiengangsleiterin für Medien- und Kommunikationsmanagement, Volljuristin und promovierte Politikwissenschaftlerin. Dr. Silke Kettig, geb. 1969, hat Rechtswissenschaften mit Spezialisierung Völkerrecht, Europarecht und Menschenrechte in Kiel, Frankreich und Heidelberg studiert. Nach Abschluss des 1. und 2. Staatsexamens sammelte sie mehr als 15 Jahre Berufserfahrungen als Nachrichtenjournalistin für AP, dpa, WDR und Welt am Sonntag. Sie war Pressereferentin für zwei Politiker im Deutschen Bundestag und PR-Managerin für eine internationale Agentur in Berlin. Als Leiterin PR im asiatischen Ausland managte sie eine Presseabteilung. Nach ihrer berufsbegleitenden Dissertation zu einem europarechtlichen Thema am Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI) in Bonn, vermittelt sie ihr Wissen seit zehn Jahren als Professorin für Medien- und Kommunikationsmanagement. Dr. Silke Kettig lehrt journalistische Fächer, aber auch Fächer aus dem Bereich Unternehmenskommunikation. Sie hat mehr als 15 Medienprojekte geleitet, vermittelt ihr Wissen in Medienökonomie und Medienethik und kennt sich aus mit dem Thema Nachhaltigkeit/CSR. Zudem hat sie in englischer Sprache Corporate Communication an der Copenhagen Business School (CBS) gelehrt.
Vorreiter USA und China
Und so ist die Kollegin Maschine im Jahr 2019 weltweit bereits schon häufiger im Einsatz, zum Beispiel sogar als Nachrichtenfrau im chinesischen Fernsehen. Denn im November 2018 stellte die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua den weltweit ersten durch Künstliche Intelligenz gesteuerten Nachrichtensprecher vor. Und auch die amerikanische Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg lässt aktuell schon ein Drittel ihrer Bilanzberichte von KI schreiben. Für uns in Deutschland klingt das noch wie Zukunftsmusik.
Wetter, Sport, Finanzen
In Deutschland hält der algorithmische Journalismus zögerlich Einzug in die Redaktionen: Die Stuttgarter Zeitung betreibt beispielsweise ein Feinstaubradar und automatisiert so Feinstaubberichte für Stuttgart und das Umland. Oder: Die NOZ-Mediengruppe mit ihrem „HHLab“, einer Entwicklungsredaktion, lässt ihre Software Textomativ die Wetterberichte für mehr als 1.100 Gemeinden in Schleswig-Holstein verfassen. Eine Anzahl an Berichten also, die durch menschliches Schreiben täglich gar nicht zu leisten wäre. So liefert der Verlag mit den automatischen Wetterberichten einen Mehrwert, erzeugt mehr Reichweite und kann so auch mehr Werbeeinnahmen generieren. Argumente, die für den Einsatz der maschinengeschriebenen Kurznachrichten sprechen.
Tatsächlich wird aber auch schon in anderen Ressorts KI eingesetzt: in der Sportberichterstattung oder auch im Finanzjournalismus. Hier hilft die Software dem Journalisten bei der Analyse von Daten, und unterstützt so auch, um neue Ideen für Geschichten schneller zu finden. Eine besondere Art der Teamarbeit zwischen Maschine und Mensch, die die Stärken der beiden vielleicht einfach gut kombiniert.
Argumente: Für und wider
Die ersten Argumente für den Einsatz der Maschine im Journalismus liegen auf der Hand: KI erleichtert die Recherche, gerade, wenn es sich um große Datenmengen handelt. KI kann Hasskommentare erkennen und filtern. KI kann auch Infografiken begleitend produzieren. All das spart Zeit und Geld. Zeit, die der Journalist für die vielen, kreativen journalistischen Prozesse nutzen kann. Geld, das wiederum für die menschliche Recherche eingesetzt werden kann.
Doch wie sieht es mit den vielen anderen journalistischen Tätigkeiten aus: komplexe, politische Sachverhalte einordnen oder kreative Ideen für Reportagen und Features finden. Interviews führen oder Hintergrundanalysen schreiben? Da stößt KI aktuell noch an ganz klare Grenzen, denn Denken können Maschinen noch lange nicht. Und es wird sich erst in Zukunft zeigen, ob sich ein eigenständiger KI-Journalismus, der mehr kann als „Das Wetter“, durchsetzen wird. Denn auch das Publikum redet ein Wörtchen mit, wenn es um die Frage des Einsatzes von KI im Journalismus geht.
Akzeptanz des Publikums?
Nach einer aktuellen Studie sind die Leserinnen und Leser aufgeschlossen, gegenüber KI-produzierten Meldungen. Das betrifft vor allem Verkehrsmeldungen oder eben auch den Wetterbericht. Doch das Vertrauen schwindet, wenn es um Literatur oder Musik geht und ist nur noch sehr gering, wenn die KI politische Nachrichten schreibt. Entscheidend, so die Kernaussage der Studie, sei, dass die maschinenproduzierten Nachrichten klar gekennzeichnet werden. Nur wenn KI sich identifizieren lässt und nicht vermischt wird, ist die Akzeptanz des Publikums gegeben. Denn die Mehrheit der Befragten bezweifelt die Glaubwürdigkeit des KI-Journalismus. Wie anfällig ist der Algorithmus für Manipulationen? Wer verantwortet den Fehler der KI? Das sind alles noch ungeklärte Fragen, die als Bedenken berechtigterweise ins Feld geführt werden.
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