Magazin für Medienjournalismus. Ausgabe 63
Seit 1998 herausgegeben von Björn Brückerhoff
Liebe Leserinnen und Leser,
Immersion bezeichnet das vollkommene Eintauchen in eine wahrgenommene Realität, etwa in einen Roman, einen Film, ein Gemälde, ein Theaterstück oder ein Computerspiel.
Das Eintauchen in Welten, die in Romanen, Filmen, Serien und Computerspielen geschaffen werden, ist zu Recht ein einträgliches Geschäft. Unterhaltungskonzerne wie Disney bringen immer neue Filme und Serien heraus, die die jeweiligen Universen erweitern. Aber auch die Fans sorgen selbst dafür, dass die Welten größer und glaubwürdiger werden. Lieven L. Litaer spricht zum Beispiel fließend klingonisch, eine fiktive Sprache aus dem Star Trek-Universum. Dort wird sie – offenkundig – von den Klingonen gesprochen, einem außerirdischen, kriegerischen Volk, das ursprünglich als Antagonist der demokratisch organisierten Föderation konzipiert wurde. Die Sprache ist von Linguisten entworfen worden, um die Auftritte der Klingonen in Filmen und Serien des Franchises stringent zu halten. Inzwischen ist die Sprache allerdings so weit ausgearbeitet, dass Litaer damit Antoine de Saint-Exupérys "Der kleine Prinz" und Lewis Carrolls "Alice im Wunderland" ins Klingonische übersetzen konnte. Den Vorspann der Sendung mit der Maus hat er auch schon zwei Mal übersetzt und eingesprochen. Im Neue Gegenwart-Interview erklärt er, wie es dazu kam.
Moderne Technik kann immersive Erfahrungen fördern, zum Beispiel durch Virtual Reality-Brillen. Während beim Roman wenige Zeilen genügen können, um immersiv zu wirken, muss die Virtual Reality die künstliche Welt glaubhaft simulieren. Kopfbewegungen dürfen keine Bildverzögerungen in der VR-Brille erzeugen, Geräusche müssen aus der richtigen Richtung kommen, die eigene Fortbewegung im Raum muss glaubwürdig sein. In seinem Beitrag behandelt Neue Gegenwart®-Autor Benjamin Bigl die Grundlagen, die Genese und die Potenziale virtueller (Spiel-)Welten. Neue Gegenwart®-Autorin Ellena Werning hat eine Reflexion über den Einsatz von Virtual Reality im Coaching, Training und für das Arbeiten in Remote Office verfasst.
In Kürze wird künstliche Intelligenz erheblich dazu beitragen, dass Immersion gelingt. In Computerspielen können Spielcharaktere dann frei mit den Spielerinnen und Spielern plaudern, die simulierten Umgebungen können weitaus komplexer werden, wenn sie von künstlicher Intelligenz mit Leben gefüllt werden. Schon jetzt gibt es Musikvideos, in denen eine täuschend echt simulierte Angela Merkel Eminem-Songs rappt oder Freddie Mercury Lieder singt, die erst nach seinem Tod entstanden sind. Das ist faszinierend, sorgt aber auch für Unbehagen. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" schreibt bereits vom Ende der Wahrheit durch künstliche Intelligenz.
Und auch wenn die Wahrheit trotz Fakes und Lügen dennoch die Wahrheit bleibt, wird es immer schwieriger, sie zu erkennen. Die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenz fasziniert, bietet aber auch eine Menge Gründe, sich Sorgen zu machen. Aktuell kann nur festgestellt werden: Der größte Fehler beim Umgang mit KI ist ihre Verharmlosung. Sie hat das Potenzial, alles zu verändern.
Weitere Beiträge finden Sie wie immer auf der aktuellen Startseite des Magazins.
Übrigens: Zwei Beiträge in diesem Magazin sind von der ChatGPT geschrieben worden, ein Text zu Wahrheit und künstlicher Intelligenz, einer zu ihrer Zukunft.
Eine interessante Lektüre wünscht Ihnen
Björn Brückerhoff
Herausgeber/Chefredakteur/Editorial Design