Kunstsommer
Den
japanischen Touristen, die am vergangenen Mittwoch mit
anerkennendem Blick
angerostete Container auf dem Domplatz zu Münster ablichteten, mag man sicher
kein fehlendes Kunstverständnis vorwerfen. Die Gäste aus Fernost hatten die
Abbauarbeiten des Münsteraner Wochenmarktes mit Kunst verwechselt.
Eine freundliche Einwohnerin wies der Gruppe zügig den Weg zum echten Kunstwerk. Skeptisches Lächeln allerorten. Aber
doch: Der Künstler Hans-Peter Feldmann hat eine öffentliche Toilettenanlage
unter dem Domplatz
renovieren lassen.
Sonst nichts. In der Toilette gibt es jetzt Waschbecken der Firma
„Villeroy und
Boch", hellgrüne Mosaikfliesen, das Bild einer Blume auf der Rückwand, einen
kleinen Kronleuchter über den Waschbecken. Der strenge Geruch ist leider
geblieben, aber vielleicht wird der ja auch künstlich zugeführt, ganz sicher
kann man nicht mehr sein, seit in Münster eine Kunstausstellung stattfindet.
In den sehr engen Räumen unter dem Domplatz stehen
jetzt Touristen,
fotografieren die neuen Wandfliesen und atmen einen tiefen Zug Authentizität. Die Klofrau, wenn man sie so nennen darf, verdient immerhin
geschätzte 500 Prozent ihres ursprünglichen Trinkgeldes. Ihr Aufenthaltsraum
ist augenscheinlich nicht renoviert worden.
Die Stadt wird bevölkert von Documenta-Rundreisenden, die auch der
Ausstellung mit dem sperrigen Titel "Skulptur Projekte Münster 07" einen
Besuch abstatten. Alle zehn Jahre ist
Kunstsommer in Münster.
Wären die kleinen Hinweistafeln nicht, man würde sich wohl an jedem
Blumenkübel fragen, ob es sich um ein Kunstwerk handeln
könnte.
Neue Gegenwart
präsentiert Ihnen daher in dieser Ausgabe eine anspruchsvolle
Bilderstrecke aus Kunstwerken von Kurator Zufall, die Sie alle in Münster
besichtigen können.
In dieser Ausgabe des Magazins geht es um Kunst und ihre Wirkungen.
Neue Gegenwart hat Professor Peter Weibel gefragt, welchen Einfluss die Ausstellung von
Internet-Kunst
in renommierten Häusern auf die Kunstwahrnehmung hat. Weibel ist Direktor
des Zentrums für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe und Künstler. Medienanwalt Jens O. Brelle ist derweil
selbst Teil eines
Kunstwerkes
geworden, das aus der Not heraus geboren wurde. Neue Gegenwart-Autor André
Donk beschäftigt sich mit der Flüchtigkeit von Medienkunst und kommt zu
einem überraschenden
Ergebnis. Kristina Schneider und Christoph Platz werfen einen
faszinierten Blick auf
Straßenkunst.
Der Karikaturist und Neue Gegenwart-Autor Professor Heiner H. Hoier lässt in
einem
Gespräch
und im Rückblick auf den Karikaturenstreit endlich auch die Karikaturisten
zu Wort kommen. Pfarrerin Erika Edusei und Theater-Regisseur Fritz U.
Krause besprechen in einem Beitrag
die
Wirkung eines Kunstwerkes auf eine Kirchengemeinde.
Und: In der Nähe des westfälischen Ortes Steinfurt vollbringt
man das Kunststück, ein Café, eine Bratwurstbude, einen Tretbootverleih und
einen kostenpflichtigen Parkplatz um einen Amüsierpark aus dem 18.
Jahrhundert zu gruppieren, dessen Attraktionen fast alle bereits vor knapp
hundert Jahren abgerissen worden sind.
Neue
Gegenwart war da.
Die Ursache für das Missverständnis der Japaner, von denen einige durchaus
Deutschkenntnisse besaßen, mag man übrigens leicht der
Website
der Skulptur Projekte zuschreiben. Dort heißt es nämlich
(Ausriss):
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Ausgabe
52
Kunstsommer
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Editorial von Björn Brückerhoff
Wozu braucht
Internetkunst noch Museen, Herr Weibel?
Digitale
Bilderstürmerei?
Kurator Zufall
Nur
Suchmaschinenkunst?
Der Park im Kopf
Street Art: Die Straße als
Medium
Kunst und Religion
Die Kunst der
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