Wenn in Journalismus-Ratgebern Tipps zur Themenfindung gegeben werden, sieht
das zumeist klar und logisch aus: Nachrichtenagenturen liefern vorsortierte
Informationen direkt in die Redaktion. Wenn nicht, müssen Journalisten eben
selbst kreativ werden. Das bedeutet: Brainstorming, Telefonate, Ortstermine,
persönliche Gespräche. Die Recherche kostet viel Zeit. Überlebt das Thema am
Ende die Redaktionskonferenz, wird geschrieben und vielleicht
veröffentlicht. Soviel
zur Theorie.
In der Realität sind Zeit und Geld knapp, viele Journalisten sind
Freiberufler. Ihnen fehlt die Zeit zur Recherche, weil sie ihr Material
zügig liefern müssen.
Themen müssen her, die wenig Aufwand bedeuten. Und wer ratlos ist und ohne
Zeit, dem springen Helfer gern zur Seite. Wirtschaftlicher Druck und
politische Abhängigkeiten nehmen Einfluss auf die journalistische
Themenwahl.
Der Griff zu den vorbereiteten Texten, honorarfreien Bildern und fertig
geschnittenen Videos fällt leichter, auf Experimente wird verzichtet. So
werden Sachverhalte
verzerrt, wichtige Themen bleiben gleich ganz auf der Strecke.
Die
Initiative
Nachrichtenaufklärung veröffentlicht in jedem Jahr eine Liste der
Themen, die in deutschen Medien besonders vernachlässigt worden sind. Dazu
gehört aktuell auch die ausbleibende Berichterstattung über
Qualitätsverluste im Journalismus. Horst
Pöttker, Geschäftsführer der Initiative und Journalistik-Professor an der
Universität Dortmund, schreibt in Neue Gegenwart über die diesjährige
Auswahl der Jury.
Aber auch die Unternehmenskommunikation verändert sich. Immer stärker wird
im Internet kritisch hinterfragt, was Unternehmen tun und wie sie darüber
sprechen. Wenn nicht von Journalisten, dann von Verbrauchern,
Geschäftspartnern und sogar von den eigenen Mitarbeitern. Sie schreiben in Blogs, bewerten
das Unternehmen in Verbraucherportalen und
Social Networks, diskutieren über Produkte oder kommentieren in
Corporate Blogs. Die Folge:
Noch nie mussten Unternehmen so transparent arbeiten wie heute. Oder ist diese
Transparenz nur Inszenierung? Neue Gegenwart hat im Titel-Interview der
aktuellen Ausgabe mit
Thomas Pleil
gesprochen. Pleil ist Professor für Public Relations an der Hochschule Darmstadt.
Abhängigkeiten gibt es auch zwischen Politik und Medien. So hat sich Neue
Gegenwart-Autor Christian Junge intensiv mit dem Agenda Setting politischer
Parteien beschäftigt:
Aufmerksamkeit
ist nicht alles.
Aus Philadelphia berichtet Anne-Katrin Arnold, wie der überbordende
Patriotismus nach den Terroranschlägen vom 11. September die
amerikanische
Medienlandschaft nachhaltig verändert hat.
Babak Khalatbari, der die Landesbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kabul
und Islamabad leitet, schreibt über die unzureichenden Bedingungen der
journalistischen
Berichterstattung
über Afghanistan und über ihre gefährlichen Wirkungen: Gibt es
eine Medienstrategie der Taliban?
Frank Windeck (Johannesburg) hat die Schwierigkeiten europäischer
Journalisten in ihren afrikanischen Gastländern beobachtet. Sie stehen vor
der Herausforderung, in Europa ein
Afrikabild
zu vermitteln, das der Vielfalt vor Ort auch nur annähernd gerecht
wird.
Weitere Themen lesen Sie wie immer auf der aktuellen
Startseite der Neuen
Gegenwart. Zum Beispiel zum so genannten
objektiven Informationswert
und zu den Mechanismen der Auswahl von Themen in der
Redaktionskonferenz.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen
Björn
Brückerhoff
Editorials früherer Ausgaben
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