LEBEN DIGITAL
Vom Jäger zum Meister
der Markenwelt
TEXT:
GRETA TAUBERT
BILD: UTE VILLE
Es gibt Dinge,
die kann man nicht kaufen - die kann man nur geschenkt bekommen. Natürlich,
werden Sie jetzt sagen, Vertrauen und Liebe zum Beispiel. Oder Freundschaft.
Aber das meine ich nicht. Ich rede von anderen Dingen. Von einem
orangefarbenen Jägermeister-Kondom beispielsweise, mit der Aufschrift „Pack
den Hirsch ein“. Oder von Neon-Partystäben, die in der Firmenfarbe leuchten.
Je toller das Geschenk – umso leuchtender sind die Augen des Beschenkten.
Und des Schenkers.
Wenn es während des Zelturlaubes regnet, sammeln sich erfahrungsgemäß ganze
Horden von Campern an zentralen Überdachungen. Das sind auf einem
Campingplatz meist die Toiletten. Dort also, zwischen Fußballklubs, Familien
und Feiertags-Urlaubern, hat ein Promoter von „Jägermeister“ sein ideales
Jagdrevier. So auch Patrick Wille. Eingehüllt in eine knall-orangene
Regenjacke zaubert er ein Feuerzeug nach dem anderen aus der Tasche und
erleuchtet mit Weisheiten aus seinem Leben in der Markenwelt. „Lustig drauf“
müsse man sein, und „Leute zum Spaß animieren“ können, wenn man ein Produkt
vermarkten will. Er erklärt: „Nur wenn man hinter einer Marke steht, kann
man die Leute überzeugen“.
Blütenketten und Après-Ski
Für den Studenten der Informatik-Betriebswirtschaft an der Universität
Potsdam ist Promotion eigentlich nur ein Nebenjob. Zwischen 50 und 100
Stunden monatlich verbringt Patrick Wille auf Veranstaltungen, in Bars oder
im Einzelhandel, um den Hirsch an den Mann zu bringen. Aber „im
Unterbewusstsein geht Promotion auch nach Feierabend weiter“, sagt er und
lächelt. Damit meint er vermutlich nicht seine Freunde, die mit einer
orangen Blütenkette um den Hals eine Schnapsfahne hinter sich her ziehen. Er
spielt auf seinen letzten Winterurlaub an, in dem er Jägermeister in
Reagenzgläsern auf der Piste verteilt hat. „Nur so aus Spaß.“ Fortan haben
sich die Ski-Touristen allabendlich beim Après-Ski mit dem braunen
Kräuterschnaps zum Glühen gebracht.
Marke Sunnyboy
Doch solche Begeisterung gibt Patrick Wille nicht nur
für den Schnaps weiter, sondern auch für „eine Party-Firma in Berlin und die
Tanzschule eines Freundes. Der 25-Jährige stehe einfach gern und viel in
der Öffentlichkeit. „In der Zeit, wo ich wach bin, sind das bestimmt 80
Prozent“ rechnet Wille seine gesellschaftliche Präsenz zusammen. Seit circa
einem Jahr versucht er, auch in Film- und Fernsehen sein Können unter Beweis
zu stellen. Mit Komparsenrollen in italienischen und deutschen Kinofilmen,
als Statist in Seifenopern und Musikvideos, und als Protagonist bei
„Richterin Barbara Salesch“ will er seine Karriere vorantreiben. Auf einen
konkreten Typ oder eine eigene Marke möchte er sich dabei aber nicht
festlegen. Meistens lande er allerdings in der Sunny-Boy-Schublade.
Herr und Sklave über Marken
Dennoch ist Patrick Wille im Marken-Entwerfen bereits erprobt. Zusammen mit
einem Freund hat er seine eigene Kleidungsmarke „olebole“ gegründet. Aus
seinem Hobby, dem Fallschirmspringen, entwickelte er eine marktfähige Idee:
die beiden Freunde entwerfen und vertreiben „locker fluffige Sachen, die
für Fallschirmspringer“ gedacht sind. Natürlich trägt er die Klamotten
selbst, auch wenn der Markenname bislang absolut unbekannt ist. „Die Zeiten
des Markenhypes sind bei mir vorbei. Dafür bin ich zu alt.“
Jetzt nutzt
nicht er die Marken für sich, sondern die Marken nutzen ihn. Denn die
Übergänge zwischen Willes Leben und der Markenwelt sind fließend: Er
promotet Marken, er erschafft Marken, er hilft Marken zu inszenieren – und
letztlich macht er sich selbst zur Marke. Doch wie weit würde er für einen
Platz in der glanzvollen Welt der Produkt- und Personenmarken gehen? Das
Studium gegen einen Modelvertrag tauschen? „Wahrscheinlich ja!“
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