Die Gegenwart:
Herr Dr. Baumanns, was bedeutet
Elite im Rahmen universitärer Ausbildung?
Markus Baumanns: Um sich
nüchtern mit dem Begriff auseinander zu setzten, sollte man auf den Ursprung
des Wortes schauen. Dahinter steckt das französische Wort für „auswählen“, „élire.“
Das ist der wesentliche Aspekt. Universitäten müssen sich ihre Studierenden
wieder selber auswählen, um sicherzustellen, dass diese für das Fach
geeignet sind. Je besser den Universitäten die Auswahl gelingt, desto mehr
ihrer Studierenden werden später zu den Leistungsträgern zählen. Wenn eine
Hochschule kontinuierlich hervorragende Absolventen entlässt und
gleichzeitig hohe Forschungs-leistungen vorweist, ist der Begriff
Elite-Universität ange-bracht. In diesem Sinne können wir eigentlich noch
keine Universität in Deutschland als Elite-Universität bezeichnen.
Die Gegenwart: Brauchen wir Elite?
Baumanns: Jedes Land
braucht Elite im Sinne einer Verantwortungselite, die bereit ist,
Verantwortung zu übernehmen, oftmals un-bequeme Entscheidungen durchsetzen
muss und vor dem Hintergrund dieser Anfor-derungen und auf der Grundlage von
Talent und Anlage hervorragend ausgebildet, gefordert und gefördert sein
sollte. Dabei kommt den Hochschulen als Bildungs-institutionen, die in eine
der wesentlichen Phasen der Entwicklung des Menschen prägen können, eine
besondere Aufgabe zu.
Die Gegenwart: Was halten sie von Studiengebühren an staatlichen
Hochschulen?
Baumanns: Studiengebühren für eine gute
Ausbildung sind eine Investition in die eigene Zukunft. Es ist richtig und
notwendig, Studierende an den Kosten ihrer Ausbildung zu beteiligen. Mit
Finanzierungsmodellen, die sicherstellen, dass erst im Beruf mit der
Rückzahlung begonnen wird, kann trotz Gebühren allen der Zugang zur
Universität ermöglicht werden. Welche positive Auswirkungen Studiengebühren auf ein
Hochschule hat, erleben wir täglich an der Bucerius Law School. Die
Hochschule versteht sich als Dienstleister, die Studenten als Kunden. Es
entwickelt sich daraus eine Dynamik, die Qualität in Lehre und Forschung wie
auch Leistungsbereitschaft und Engagement der Studierenden immens steigert.
Die Gegenwart: Was sind die Vorteile privater Hochschulen, was sind die
Nachteile?
Baumanns: Die privaten
Hochschulen haben aufgrund der Auswahl der Studierenden eine hoch motivierte
Studentenschaft. Ein weiterer Vorteil liegt in den besseren
Studienbedingungen und den meist viel intensiver gepflegten Kontakten in die
Berufswelt. Sie sind zwar überschaubarer und meist noch auf ein Fach
konzentriert, aber das ändert sich, wie man bei der IUB oder auch der
Universität Witten-Herdecke sehen kann.
Der Reiz der großen staatlichen
Universitäten liegt natürlich in der Vielzahl der Fächer und der
interdisziplinären Möglichkeiten. Diese werden aber leider gar nicht
ausgeschöpft und die Mehrheit der Studierenden leidet eher unter den
„Massen“, als dass sie von der Vielfalt profitieren
kann. Die staatlichen
Universitäten haben viele potentielle Stärken, aber diese müssen Sie erst
wieder entdecken und effektiv einsetzen.
Die Gegenwart: Wollen sie Eliten ausbilden?
Baumanns: Wir wollen
engagierten und begabten jungen Menschen die Möglichkeit bieten, ihr
Potential voll auszuschöpfen. Natürlich wollen wir erstklassige Juristen
ausbilden, die den hohen Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt gewachsen sind
aber auch über den Tellerrand schauen und bereit sind, in der Gesellschaft
Verantwortung zu übernehmen. Um diese Studenten zu finden, haben wir ein
aufwändiges schriftliches und mündliches Auswahl-verfahren entwickelt.
Die Gegenwart: Wie bereiten Sie sich auf den Bologna-Prozess vor?
Baumanns: Wir haben schon im Jahr 2000 den
Bachelor-Abschluss LL.B. eingeführt und so unsere Zustimmung zu den Zielen
des Bologna-Prozess deutlich gemacht. Insbesondere bei dem traditionell sehr
national orientierten Jurastudium ist eine Europäisierung und
Inter-nationalisierung der Ausbildung sehr wichtig. Wir nutzen seit Gründung
der Hochschule das European Credit Transfer System (ECTS), um eine
Vergleichbarkeit der Studien-leistungen zu gewährleisten. Alle unsere
Studierenden müssen gute Englischkenntnisse mitbringen und es wird ein
intensives Fremdsprachen-training in der juristischen Fachterminologie
angeboten. Nach dem zweiten Studienjahr verbringen alle Studierenden der
Bucerius Law School ein Trimester an einer unserer 72 Partneruniversitäten.
Bei den Wahlfächern und in
der Forschung wird ein besonderer Schwerpunkt auf rechts-wissenschaftliche
Themen mit internationaler Dimension gelegt. Darüber hinaus laufen die
Planungen für einen Masterstudiengang.
Die Gegenwart: Wie sehen Sie den deutschen
Ausbildungs-markt in zehn Jahren?
Baumanns: Ich bin davon
überzeugt, dass die deutsche Hochschullandschaft in Deutschland in wenigen
Jahren nicht mehr mit der heutigen zu vergleichen sein wird. Der
Finanzdruck, der steigende internationale Wettbewerb und auch der zunehmende
Wettbewerb um die besten Studenten der Hochschulen untereinander werden eine
vielfältigere und differenziertere Hochschullandschaft schaffen. Der Staat
wird sein Bildungs-monopol verlieren. Die Bildungs-angebote in Deutschland
werden sicherlich unüber-sichtlicher, aber insgesamt viel besser sein.
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Die
Gegenwart: Herr Henne De Dijn, was bedeutet Elite im Rahmen universitärer Ausbildung?
Jan Henne De Dijn:
Marcuse sagte, „Es
ist immer die Leistung, die bestimmt, wer zur Elite zählt.“ So sehe ich das
auch. In
unserem Umfeld heißt das nichts anderes, als dass ich intelligente Personen
mit herausragendem Engagement und Leistungen zur Elite zähle. Und das ist
auch das „Elite“-Verständnis, dem sich alle HMS-Studiengänge verpflichtet
fühlen.
Die Gegenwart: Ist Elite gleich „elitär“?
Henne De Dijn:
Laut Duden heißt elitär
nichts anderes als „zur Elite zugehörig“. Leider erweckt der Begriff
„elitär“ aber eher Negativ-Assoziationen wie Arroganz, Geldelite,
Zweiklassengesellschaft und so weiter. Wenn „elitär“ danach definiert wird, dann
drückt es am Ende genau das Gegenteil meines „Eliteverständnisses“
aus.
Die Gegenwart: Brauchen wir Elite?
Henne De Dijn:
Ja. Denn wir brauchen Menschen, die Herausragendes oder
Außer-gewöhnliches leisten.
Die Gegenwart: Hängt Elite von der Größe des Geldbeutels ab?
De Dijn:
Nein, und
auch nicht nach dem Verständnis, mit dem wir Studenten an der HMS ausbilden.
Wenn sie sich mit unseren Studierenden unterhalten, werden
sie schnell
verstehen, dass ein HMS-Student vor allem ein gutes Maß an
Durchhaltevermögen und thematischer Leidenschaft benötigt: Jemand, den die
Größe seines Geldbeutels nach Abwechslung suchen lässt, wird garantiert den
harten zweijährigen Parcours dieses Studiums nicht durchhalten.
Die Gegenwart: Was halten Sie von Studiengebühren an öffentlichen
Hochschulen?
Henne De Dijn:
Wenn Studiengebühren im Selbst-verständnis der
Universitäten einen Wandel hin zu einer Dienstleistungskultur auslösen, wenn
Studenten darüber einen „Hebel“ in Bezug auf garantierte, zu erbringende
Leistungen und Qualität durch die Ausbildungs-einrichtungen erhalten, können
maßvolle Gebühren bestimmt zu positiven Entwicklungen in der bundesdeutschen
Bildungs-landschaft führen. Unbestritten ist aber auch, dass für das
Erststudium flankierende Maßnahmen wie Bafög oder Stipendien bereitstehen
müssen, um das Studium für jeden offen zu halten.
Die Gegenwart: Wie grenzen sich private Hochschulen – in ihren Angeboten –
von öffentlichen Hochschulen ab? Was sind die Vorteile privater Hochschulen?
Henne De Dijn:
Das kann
ich nicht generell für private Hochschulen beantworten, aber die Qualität
der HMS Studiengänge zeichnet sich durch die enge Verknüpfung exzellenter
wissenschaftlicher Theorievermittlung und intensiver Praxisphasen in der
Medienwirtschaft aus. Grundlage dafür ist die auf Initiative der
Medienwirtschaft entstandene Private-public-Partnership aus Stadt Hamburg,
Hamburger Universitäten und mittlerweile über 20 bedeutenden
Medienunternehmen Diese Partnerschaft wird durch das Engagement von
renommierten Medienschaffenden, Vorständen, Regisseuren und
Vollblut-journalisten getragen, deren gesamtes Know-how, unmittelbar in den
Lehrplan einfließen. Dadurch können sich die Studenten frühzeitig ein
Netzwerk aufbauen – sicher eines der entscheidenden Merkmale unserer Schule.
Die Gegenwart: Und die Nachteile?
Henne De Dijn:
Nachteile?
Natürlich keine. Grundsätzlich sollten sich potenzielle Studenten aber im
Vorfeld gründlich vergewissern, was die Studienabschlüsse privater
Hochschulen Wert sind – denn natürlich gibt es auch in diesem Markt, wie
überall, schwarze Schafe.
Die Gegenwart: Wie positionieren sie sich im Ausbildungsmarkt?
Henne De Dijn:
Unser
entscheidender Vorteil liegt darin, dass die Medienwirtschaft selbst den
Anstoß zur Entwicklung, zum Aufbau der HMS gegeben hat – potenzielle spätere
Arbeitgeber also gleichermaßen Anteilseigner an diesen Studiengängen sind.
Die Gegenwart: Wer darf bei ihnen studieren?
Henne De Dijn:
Wir suchen
Studenten, die uns, neben ihrer akademischen Qualifikation, durch ihr
Engagement und ihre Passion für den Mediensektor überzeugen.
Das
gilt für alle unsere Master-Studiengänge unabhängig ob Medienmanagement,
Journalismus oder auch Film. Wir glauben, dass an Medienschaffende besondere
Ansprüche gestellt werden und HMS-Studenten sich ihrer besonderen
professionellen und gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sein sollten.
Die Gegenwart: Wie sichern sie die Qualität der Ausbildung?
Henne De Dijn:
Zum einen natürlich durch
die Private-public-Partnership, deren Mitglieder sich aktiv an der
Studiengestaltung beteiligen. Die Studienziele und das Studienprogramm
werden mit Hilfe von Praxisbefragungen, Gesprächs-runden mit Vertretern aus
Wissenschaft und Wirtschaft sowie internen Klausursitzungen kontinuierlich
auf neue Anforderungen ausgerichtet. Ein gemeinsamer Ausschuss der Uni
Hamburg und der HMS sowie die Akkreditierung sichern den hohen akademischen
Standard der Ausbildung. Die Qualitätssicherung in der Lehre erfolgt zudem
durch die systematische Auswahl und Anleitung der Dozenten sowie durch eine
durchgängige Evaluation aller Lehrveranstaltungen.
Die Gegenwart: Wie international ist ihre Ausbildung?
Henne De Dijn:
Medien sind ein
Kulturprodukt und damit im höchsten Maße national – Medienmärkte wiederum
sind aber wie alle anderen Märkte Globalisierungsprozessen unter-worfen.
Daher hat die Hamburg Media School bereits im Jahr ihrer Gründung ihr
internationales Selbstverständnis dokumentiert und ist von der EU-Kommission
als vollwertiger Kooperationspartner im großen europaweiten ERASMUS-Netzwerk
der Universitäten und Hochschulen anerkannt worden. Dies erleichtert uns den
Austausch von Dozenten enorm und ermöglicht auch die kurzfristige Mobilität
unserer Studierenden. Wir kooperieren beispielsweise mit dem international
renommierten Department of Film and Media Studies an der Universität
Kopenhagen, die für ihre exzellente Lehre in Film und Medienwissenschaften
bekannt sind. Zudem haben wir unter anderem Gastprofessoren von der
Universität Amsterdam, eine Gastdozentin von INSEAD (Graduate School of
Business in Fontainebleau) und auch zu amerikanischen Hochschulen haben wir
gute Kontakte, wie zum Beispiel über eine Gastdozentur eines Professors der Medill
School of Journalism/Kellogg School of Management an der Northwestern
University (Evanston); hier wird das Kooperationsnetzwerk kontinuierlich
ausgebaut. Internationalität begrenzt sich bei uns aber nicht nur auf die
Lehre. Praktische Erfahrungen in einem Unternehmen im Ausland während des
Praktikums zu machen, ist bei uns nicht die Ausnahme, sondern die Regel und
wird von der HMS besonders gefördert. Hierfür können wir auf exzellente
Kontakte zu Partnerunternehmen in ganz Europa zurückgreifen.
Schwerpunktmäßig sehen wir besonders die mittel- und osteuropäischen Staaten
im Zentrum des Interesses unserer Studierenden, worauf wir beispielsweise
mit der Einrichtung eines Polnischkurses zur Ergänzung unseres
Fremd-sprachen-Angebotes reagiert haben.
Die Gegenwart: Wie
bereiten sie sich auf den Bologna-Prozess „Allgemeine und berufliche
Bildung 2010" vor? Sind sie dafür gerüstet?
Henne De Dijn:
Wir sind
bereits seit unserer Gründung offen für alle Absolventen Europas, die
mindestens einen BA-Abschluss in der Tasche haben, was insofern bereits
Ausdruck des Bologna-Prozesses ist. Zudem ist unser Studienangebot
modularisiert und wir wenden das ECTS-System an. Wie sie merken, erfüllen
wir bereits heute den Standard für den Bologna-Prozess, nicht zuletzt, weil
wir international kompatibel sind und das erlaubt die Mobilität der
Studierenden.
Die Gegenwart: Wie sehen sie den Ausbildungsmarkt in zehn
Jahren, wo sehen sie dann ihre Hochschule?
Henne De Dijn:
Der
Medienmarkt hat sich in den vergangenen Jahren mit einer enormen Dynamik
entwickelt, sowohl im Bereich der Berufsbilder als auch im Bereich der
Anforderungen an die Mitarbeiter. Dieser Prozess wird auch in den nächsten
zehn Jahren sicher weitergehen. Die HMS hat die Lücke zwischen der
theoretischen Ausbildung klassischer Hochschul-absolventen und den
praktischen Anforderungen der Medienwirtschaft geschlossen. Vor dem
Hintergrund der breiten Vernetzung in die Medien bin ich daher sicher, dass
sich die HMS weiter als feste die Größe im nationalen wie auch als eine
Größe im internationalen Ausbildungs-markt für Medien etabliert. |