In
ist, wer drin ist
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In den
Kampagnenzentralen der Parteien rauchen spätestens seit dem Abend des 22. Mai die
Köpfe. Franz Münteferings Ankündigung, baldmöglichst Neuwahlen
durchzuführen, stellt die Wahlkampfstrategen vor die schwierige Frage, wie
man in nur vier Monaten einen vollwertigen Bundestagswahlkampf
organisieren kann. Neue und vor allem schnelle Strategien sind gefragt.
Ist
das die Chance für das World Wide Web? In dem nur
knapp 100 Tage dauernden Wahlspektakel scheint es, als könne das Internet
erstmals mit den klassischen Medien mithalten und zum vierten Massenmedium
avancieren. Die politische Teilhabe der Internet-Generation
findet schließlich in einem immer größeren Maße über das Internet statt.
Nach Informationen der Studie
(N)Onliner
Atlas des Münchener Meinungsforschungsinstituts
TNS
Infratest verfügen im Jahr 2005 schon mehr
als 55 Prozent der Wähler in Deutschland über einen
Internetzugang. Für den FDP-Bundes-geschäftsführer
Hans-Jürgen Beerfeltz stellt das Netz daher auch „ein Hauptinstrument zur
Mobilisierung unserer Anhänger“ dar und für die Grünen ist das Internet
ebenfalls „ein gutes Stück strategisch wichtiger als 2002“. Ebenso wie beim
Siegeszug des Fernsehens, wo ähnliche Feststellungen gezogen wurden,
erkennen nun die Parteien die Möglichkeiten, die ihnen das Internet für den
Wahlkampf bieten.
Die Einschätzung des ehemaligen SPD-Vorzeige-Strategen Matthias Machnig, der
die politische Online-Werbung 1998 noch als nicht wahlentscheidend
bezeichnete, scheint der Vergangenheit anzugehören. Das neue Schlagwort quer
durch die Wahlkampflager heißt daher auch „Online-Campaigning“. Die Parteien
erkennen, dass sie durch die langfristige Einbeziehung des Internets in die
Wahlstrategien ihre Klientel direkt und vor allem zielgruppengerecht
ansprechen können. „Wähler sind keine zuverlässigen Bataillone der Parteien
mehr, sondern flüchtige Wesen, die man mit viel Mühe von den Vorzügen der
jeweils eigenen Position überzeugen muss.“, so der Politikwissenschaftler
Andreas Dörner. Wahlen werden immer mehr, sowohl durch eine Personalisierung
der Politik als auch nicht zuletzt durch kurzfristige, vor einer Wahl
entstehende Ereignisse beeinflusst. Für die Parteien bedeutet dies, dass sie
Aufmerksamkeit gewinnen und die gewonnene Aufmerksamkeit halten müssen,
damit sie sich in einer der Unterhaltung verschriebenen Gesellschaft
behaupten können. Aufmerksamkeit gewinnt man unter anderem durch Teilnahme
und diese wird durch das Internet unmittelbar spürbar. Die
Wahlkampfstrategen der FDP erkannten diesen Trend und gaben den
Internetnutzern auf der Plattform
deutschlandprogramm.de
erstmalig die Möglichkeit, an der Erarbeitung ihres liberalen Wahlprogramms
für die Bundestagswahl 2005 interaktiv mitzuwirken.
Die CDU lässt circa ein Prozent des Wahlkampf-Etats
(das entspricht rund 180.000 Euro) in
Internetaktionen fließen. Die Union baut dabei unter anderem mit
wahlfakten.de
auf das erstmals während der Bundestagswahl 2002 erfolgreich erprobte
Instrument der „Rapid Response“ (schnelle Reaktion).
Rapid Response soll bis zum 18. September der ständige Begleiter von Gerhard
Schröder sein. Nach Unionsaussagen will man so „Falschbehauptungen und leere
Versprechungen“ der SPD „klare und verlässliche Fakten“ gegenüberstellen.
Die CDU hat damit ein Instrument zur Verfügung, das ihr ermöglicht, in
Echtzeit präsent zu sein, auch wenn vor Ort kein Vertreter der Partei eine
Gegenrede halten kann.
Ein weiteres, ebenso wie Rapid Response, vor allem aus
US-Präsidentschaftswahlen bekannte und von den Parteien gern benutzte
Instrument, ist der Angriffswahlkampf, auch „Negative
Campaigning“ genannt. Ziel ist es hier den politischen Gegner zu
diskreditieren. Die SPD greift dementsprechend auf ihrer Seite
die-falsche-wahl.de
direkt die Spitzen der Opposition an. Aus dem CDU-Slogan „Vorfahrt für
Arbeit“ wird so die sozialdemokratische Kampfansage „Vorfahrt für Wahrheit.
Was Schwarz-Gelb kostet“.
Neben all den Service-Seiten, Wahlkampfportalen und Gegneranalysen vergessen
die Parteien nicht das Wir-Gefühl ihrer Anhänger. In Mitmach-Centern, die
mal „teAM
Zukunft“, „Wir
kämpfen!“ oder auch „Mach
Mit!“ heißen, werden Informationen vermittelt, Nachrichten
verbreitet und Ideen zusammengetragen. Sie dienen den Parteien als eine
multimediale Rekrutierungs- und Orientierungsstelle für Wahlkampfhelfer.
Fazit: War sich Bundeskanzler Schröder 1998 noch sicher mit „Bild, BamS und
Glotze“ Wählergruppen mobilisieren zu können, muss dieser Dreiklang
spätestens 2005 um das Medium „World Wide Web“ ergänzt werden. Der
Internetwahlkampf ist bunter, moderner und schlagkräftiger geworden. Eines
scheint daher schon vor der Wahl sicher, klarer Sieger in Sachen
Wahlkampf-Leitmedien ist dieses Jahr das Internet.
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AUSGABE 45
DER
EHRLICHE WAHLKAMPF
STARTSEITE
EDITORIAL VON BJÖRN
BRÜCKERHOFF
DIE VERWANDLUNG
DER
VERTRAUTE
"ICH
TIPPE AUF EINE GROSSE KOALITION"
REFORMPOLITIK OHNE WÄHLERAUFTRAG
DIE MARKE JOSCHKA
RENAISSANCE DER
CHARISMOKRATEN
EINE FRAGE DES
VERTRAUENS
IN IST, WER DRIN IST
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