Das Starbucks-Prinzip
Text:
Daniel Fiene Bild:
Photocase.com
„Podcasting ist das Radio der nächsten Generation“, sagte Steve Jobs bei
einer Software Präsentation im Sommer. Im Gepäck hatte der Apple-Chef die
neue Version der Musik-Software iTunes, die ab sofort Podcasts verwalten
kann. Schon wenige Tage später verschickten eifrige Pressemenschen bei Apple
die Meldung, dass die iTunes-Gemeinde schon über eine
Million Podcasts
abonniert habe.
Was ist das für ein Radio, das Apple der Öffentlichkeit ans Herzen legt?
„Podcasting ist wie Cappuccino“, erklärt August
Trometer, Podcaster und Entwickler der Podcast-Software „iPodderX".
„Es gab schon immer guten Kaffee, aber erst seit Starbucks ist er in aller
Munde. Apple ist der Starbucks des Podcasting und ab sofort wird uns auch
die Werbeindustrie mehr Beachtung schenken.“ |
AUSGABE 46
DAS SOZIALE NETZ
STARTSEITE
EDITORIAL VON BJÖRN
BRÜCKERHOFF
RELAUNCH MIT MENSCH
MENSCH UND MEDIEN
DAS STARBUCKS-PRINZIP
OFFLINE NICHT VERFÜGBAR
WER IST CHAD KROSKI?
KLEINE
TELEFONREVOLUTION
RETTET DIE NERVEN
NICHTS ALS GESPENSTER
KLAUEN ERLAUBT
ZUM THEMA IN ÄLTEREN
AUSGABEN
NEWSLETTER
ALLE AUSGABEN
IN STICHWORTEN
ÜBER DAS MAGAZIN
IMPRESSUM
|
Dabei
ist das, was hinter einem Podcast steht, wirklich so alt wie guter Kaffee.
Ein Podcast muss man sich als einen Audio-Newsletter vorstellen. Hat man ihn
einmal abonniert, bekommt man ihn direkt auf den Rechner geliefert, wenn
eine neue Ausgabe erscheint. Der Audio-Newsletter heißt Podcast, man erhält
keine E-Mail mit Text, sondern eine Audio-Datei
(MP3-Format) mit einer Minisendung.
Man öffnet die Datei auch nicht mit seinem E-Mail-, sondern mit einem Podcast-Programm, auch Podcatcher genannt. Diese
Podcatcher prüfen regelmäßig, ob eine neue Audio-Datei vorliegt und laden die
Dateien direkt aus dem Internet herunter. Gespeichert wird die neue MP3 auf
dem eigenen Computer oder auch direkt auf dem mobilen MP3-Gerät. Dann kann
man morgens beim Frühstück kurz das eigene MP3-Gerät an-schließen, sich automatisch die neuesten Podcast-Folgen
herunterladen lassen und die dann auf dem Weg zur
Arbeit oder zur Uni hören. Daher auch der Name Podcast. Dieses
Kunstwort setzt sich zusammen aus „iPod“, das MP3-Gerät von Apple, und
„broadcasting“, dem eng-lischen Wort für „senden“ oder „ausstrahlen“. |
|
Daniel Fiene, geboren im Oktober 1982, studiert seit 2003 Geschichte,
Politik und Ethnologie an der Westfälischen Wilhelms Universität in Münster.
Er ist Chefredakteur bei Radio Q, dem Campusradio für Münster. Für seine
Arbeit als Moderator wurde er 2005 von der Landesanstalt für Medien NRW 2005
als bester Moderator im Bereich Campusradios ausgezeichnet. Zudem
war Daniel
als freier Mitarbeiter bei RTL Online (2000-2002) und
bei der Deutschen Welle (2003-2004) tätig.
Er arbeitet seit 2001 im Bereich Webkonzeption und realisiert
redaktionelle Inhalte und Content Management Systeme für Kunden im
Medien- und Mittelstandsbereich. Seit 2004 führt er diese Tätigkeit
als Gesellschafter bei "fiene,horn
–
Büro für Medien und Kommunikation"
aus. Zu den Kunden zählen u. a. der WDR und das IT-Systemhaus Synetics |
Starbucks hat es geschafft, Kaffee zu einem populären Getränk für die Massen
zu machen. Das ‚Kaffeetrinken mit Tantchen’-Image gilt für das Bohnengetränk
nicht mehr. Dies ist der Firma aus Seattle aber nur gelungen, weil sie
zusätzlich ein Grundbedürfnis der Kunden befriedigt: Jedes Coffeehouse ist
ein gemütlicher Platz, an dem man sich gerne mit Freunden trifft, sich von
der Arbeit erholt, oder vor dem Alleinsein zu Hause drückt. Starbucks hat
seine Filialen als so genannten ‚Third Place’ im Leben seiner
Stammkundschaft etabliert – nebst Arbeit und Zuhause. Das Podcasting hat
sich relativ schnell in die Herzen seiner Hörer gesendet. Auch hier wird ein
Bedürfnis befriedigt: Der Wunsch nach Information und Emotion. Die junge
Generation hört kaum noch Radio – die enge Musikauswahl ist ein
Abschaltfaktor. Stattdessen füllt man seinen iPod Shuffle mit viel mehr
Musik, und das ausschließlich mit Musik, die man mag. Doch Musik alleine
vermittelt keine persönliche Emotionen, geschweige denn aktuelle
Informationen. Podcastings aber schon. Dabei ist es nicht relevant ob es
sich um den täglichen Tagebuchpodcast einer Studentin
handelt, oder um den Podcast der Tagesschau. Als Besitzer eines MP3-Geräts
kann man jetzt auch noch bestimmen, welche Beiträge zwischen der Musik
laufen. Man wird zum Besitzer seiner eigenen Radiostation. Man ist
Programmchef und Hörer zugleich.
Podcasting-Erfinder Adam Curry wollte eigentlich lieber wieder
Radio-Moderator sein. Zwar ist er nicht der alleinige Erfinder, jedoch
braucht jede mediale Erfindung eine Vaterfigur. Und um diese Rolle kommt
US-Radiomann Adam Curry nicht herum. Ende 2003 / Anfang 2004 ist Adam Curry
an das Mikrofon zurückgekehrt und hat in den Niederlanden eine Sendung
moderiert. Als er in die USA im Spätsommer 2004 zurückkehrte, wollte er sich
jedoch nicht zu Ruhe setzen. Er erinnerte sich an ein Konzept,
das ihm sein
Blogger-Kollege Dave Winer zeigte. Es
ging darum, wie man mit den so genannten RSS-Feeds
auch MP3-Dateien übermitteln kann. Adam suchte nach
einer Möglichkeit, wie man die RSS-Feeds abonnieren und die
eingebundenen MP3s direkt auf den eigenen MP3-Player laden
kann. Er erlernte eigens dafür eine Programmiersprache und tüftelte
an seinem allerersten
Podcatcher-Programm. Relativ schnell beteiligten sich erfahrene
Programmierer und im September 2004 wurde die erste Version
des Programms iPodder veröffentlicht.
Schnell entwickelte sich eine Community. Die Podcast-Abonnenten hatten nicht
nur Spaß Adam Currys Podcast zu hören, sondern sie entdeckten das
Radiomachen für sich. MP3-Dateien kann man relativ
einfach erstellen. Warum also nicht selber zum Moderator werden und die Welt
damit versorgen, was man zu sagen hat? Das Potenzial dieser Community hat
viele fasziniert – gleich zugepackt hat jedoch Apple. Nachdem Steve Jobs und
sein Team die Musikkultur im Internet auf den Kopf gestellt und den
Plattenbossen gezeigt hatten, dass man doch
tatsächlich im Internet mit Musik Geld verdienen kann, wollen sie es jetzt
den Radiomachern zeigen: Statt Kaffee vertreiben sie informative und
unterhaltsame Minisendungen als MP3 – verpackt in einem Podcasting Portal.
Nicht einmal zwölf Monate nach Adam Currys erstem Podcasting-Programm hat
fast jeder Radiosender seine eigenen Podcast-Pläne umgesetzt. Sowohl
Privatradios, öffentlich-rechtliche Stationen als auch Campusradios, bieten
ihre Programme zusätzliche als Podcast an.
Doch nicht nur iTunes weist den Weg durch den noch jungen Podcast-Dschungel.
Yahoo hat eine
Podcasting-Suchmaschine
auf die Beine gestellt. Dazu gibt es Podcast-Vorstellungen von Yahoo
und anderen Hörern. Direkt online
können Sendungen angehört
und abonniert werden. Ein schönes deutsches
Podcasting-Portal ist unter
podster.de
zu finden. Hier werden neue Podcasts vorgestellt und die Möglichkeit der
Bewertung lässt erkennen, welche guten Podcasts man sich nicht entgehen
lassen sollte. Wer selber als Podcaster aktiv werden möchte, wird unter
podcast.de
weitergehende Informationen finden.
Was Starbucks mit dem Kaffee geschafft hat, ist Apple in Sachen Podcasts
gelungen. Inhalte werden wieder gehört, dem Dudelfunk ist abgeschworen. Das
wird auch die Radiomacher zum Umdenken bewegen. Doch wem das tägliche
Zusammenstellen seines MP3-Geräts zu aufwendig ist, der wird auch Morgen
noch zum guten alten Radio greifen. |