Raus
aus der Selbstbeobachtungsfalle!
Zum medienkritischen Potenzial der Blogosphäre
Text:
Tobias Eberwein
Bild: Erdbeertorte/photocase.com
Über das Verhältnis von
Journalisten und Bloggern ist viel geschrieben und gestritten worden. Das
Spektrum an Positionen ist dabei äußerst variantenreich: Die einen sehen im
noch jungen Medienformat der Weblogs nicht weniger als einen revolutionären
emanzipatorischen Gegenentwurf zu den etablierten Massenmedien, die über
kurz oder lang dem Untergang geweiht seien, um durch neue, niedrigschwellige
Publikationskanäle ersetzt zu werden (vgl. beispielsweise Hewitt 2005;
Möller 2006). Für die anderen sind Blogs nicht mehr als ein überbewerteter „Para-
oder Pseudojournalismus“ (Marcel Machill, zit. nach Großhans 2005), ein
„privater Tabledance“ (Thomas Leif, zit. nach Weiland 2006), dem keine
weitere Beachtung zustehe. In der Kommunikationsforschung, die sich der
Blogosphäre inzwischen aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln angenähert
hat, hat sich eine eher auf Ausgleich bedachte Sichtweise durchgesetzt:
Weblogs werden weniger als Konkurrenz, sondern vielmehr als Ergänzung zum
professionellen Journalismus verstanden, der durch die neuen,
themenspezifischen Öffentlichkeiten im Netz nicht ersetzt, wohl aber belebt
werde (vgl. u. a. Bucher/Büffel 2005; Neuberger/Nuernbergk/Rischke 2007).
Wie dieses Komplementärverhältnis beschaffen ist, dazu geben mittlerweile
eine Reihe von empirischen Studien mehr oder weniger differenziert Auskunft
(vgl. überblicksartig Neuberger/Nuernbergk/Rischke 2007). Erstaunlich ist
dabei, dass gerade über die Gattung der Medienblogs, die als Schnittstelle
zwischen den Systemen Journalismus und Blogosphäre deren wechselseitige
Interpenetration ja besonders gut beschreiben könnte, bis zuletzt
vergleichsweise wenig gesicherte Erkenntnisse vorlagen. Einige jüngere
Veröffentlichungen scheinen diese Forschungslücke zu beheben. Nachdem im
Januar die Ergebnisse einer Befragung von „Bildblog“-Lesern publiziert
wurden (vgl. Mayer et al. 2008), liegen nun zwei Aufsätze vor, die die
Perspektive weiten und einen Überblick über die medienkritische Blogosphäre
ermöglichen: eine empirische Analyse deutschsprachiger Redaktions- und
Kritikerblogs (Wied/Schmidt 2008) und eine eher explorative
Auseinandersetzung mit Media Watchblogs in den USA (Fengler 2008). Auf
Grundlage der beiden Arbeiten lassen sich einige erste Vermutungen über das
medienkritische Potenzial der Blogosphäre formulieren. Wer die Texte
gegeneinander liest, muss jedoch auch erkennen, dass die (kommunikations-)wissenschaftliche
Erforschung der Medienblogs noch am Anfang steht: Viele offene Fragen sind
noch nicht einmal gestellt, geschweige denn beantwortet. Im Folgenden sollen
die vorliegenden Erkenntnisse in einigen Thesen gebündelt und diskutiert
werden, um davon ausgehend noch ungeklärte Aufgaben für die Forschung zu
identifizieren. |
Der Autor
Tobias Eberwein, Jahrgang 1978, ist wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Institut für Journalistik der Universität Dortmund. Als
Leiter der Lehrredaktion Online- und Medien-journalismus ist er für das Internet-Magazin
„Medien
Monitor“ verantwortlich. Zudem ist als er
Chefredakteur des „Journalistik
Journals“ und Rezensions-redakteur für die „Publizistik“
tätig.
Weitere
Informationen unter
www.journalistik-dortmund.de
und
www.coolepark.de. |
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56
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