TITEL
Gespräch mit Moritz Hunzinger
TEXT:
GRETA TAUBERT
Die Gegenwart: Warum brauchen Politiker Ihren
Rat? Und woher wissen Sie besser als die mächtigsten Männer und Frauen der
Republik, wer sich in welcher Situation wie zu verhalten hat?
Weil
ich mein Metier beherrsche, in Augenhöhe arbeiten kann und so viel mehr
Erfahrung als vermutlich jeder andere in unserem Beruf habe.
Die Gegenwart: Was heißt „Medienbegleitung“ konkret? Diese haben Sie nicht
nur für Lothar de Maizière, sondern auch für die Oppositionsführer Rumäniens
und Serbiens, die späteren Staats- und Ministerpräsidenten Emil
Constantinescu und Zoran Djindjic, geleistet.
Ich verstehe darunter die Platzierung und das
Management zielführender PR-Ideen, um berichtenswerte Ereignisse zu schaffen.
Damit gewinnen Spitzenpolitiker Menschen und deren Zustimmung für ihre
Arbeit.
Die Gegenwart:
Welchem Politiker würden Sie einen Orden verleihen? Wofür?
Posthum an einen meiner besten und
engsten Freunde: Ministerpräsident Professor Zoran Djindjic für den Mut, die
Demokratiebewegung im früheren Jugoslawien etabliert zu haben – als Ansporn
für jene, die ihm folgen.
Die Gegenwart: In
welchem Verhältnis stehen Geld und Moral im Geschäft der politischen
Kommunikation?
In politische Kommunikation muss investiert
werden, weil sie schließlich nutzt und die Platzierung von Botschaften Geld
kostet: Events und Begegnungen sowie deren inhaltliche und
organisatorische Planung und Durchführung.
Die Gegenwart: Welches politische Projekt würden Sie beschleunigt wissen
wollen?
Blockierende Rahmenbedingungen ändern, damit die
Wirtschaft wieder läuft.
Die
Gegenwart: Als „Beziehungsdealer“ sollen Sie angeblich über 50.000 Namen in
ihrer Adressendatei besitzen. Welcher Name war der erste auf Ihrer Liste?
Warum?
Jetzt wird’s ein bisschen flapsig, ich
bin PR-Berater. Und PR-Berater haben „Beziehungen“. Punkt. Zur Sache: 1979
habe ich damit begonnen. Ich habe weit über 65.000
Adressen. Meine erste Adresse war Professor Dr. Heinz Riesenhuber,
der spätere Bundesminister und Bundestagsabgeordnete, weil ich ihm „richtig“
schreiben wollte.
Die Gegenwart: Wie fängt man an, ein solches Beziehungsnetzwerk aufzubauen?
Korrespondieren, telefonieren. Immer im Bilde, ein gesuchter
Gesprächspartner und guter Gastgeber sein, keinem die Zeit stehlen, stets
einen Informationsvorsprung haben und auch haben wollen.
Die Gegenwart: Wegen der Politikverdrossenheit, die noch bis vor einigen
Monaten im Volke kursierte, haben sich die Politiker auf TV-Duelle,
öffentliche Diskussionen um gefärbte Haare etc. eingelassen. Ist das der
richtige Weg?
Nein, denn was da alles hoch- und runter
geschrieben wird, ist eigentlich gleichgültig, es unterhält aber. Das
richtet nichts aus, solange sich die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht
nachhaltig erheblich gebessert haben. Die Politikverdrossenheit hält
unvermindert an. Manche buchstäblich an den Haaren herbeigezogenen
Gerichtsprozesse sind nur peinlich. Eine Demokratiegefährdung kann ich
nicht erkennen. Sehen Sie sich doch die Wahlergebnisse in Niedersachen und
Hessen an. Die sind doch nicht durch die Presse verursacht. Die Menschen
engagieren sich von selbst wieder, wenn es sich für sie lohnt.
Die
Gegenwart: Befürchten Sie nicht, dass die Demokratie durch das von Ihnen
geschaffene Netzwerk aus Politik und Wirtschaft Schaden nehmen könnte?
„Netzwerk“ – was ist das? Im Ernst: Ich kenne
nach 24 Jahren Berufspraxis ein paar mehr Leute als andere und kann halt zum
Hörer greifen, solange ich etwas zu sagen habe. So funktioniert der Beruf
insgesamt. Meine Arbeit und Beziehungen sind ja sehr nützlich. PR-Berater,
die ihr Handwerk verstehen, haben somit ihren Mehrwert für Gesprächs- und
Geschäftspartner. Wenn Sie auf den Sommer 2002 (Scharping/Özdemir)
anspielen: Man kann mal Pech haben. Aber dann folgt auch wieder Glück – wenn
man Glück hat, professionell und grundanständig ist.
Die Gegenwart: Der britische Premier Tony Blair gerät in seinem eigenen Land
in Medien, Politik und Volk seit einigen Tagen in Bedrängnis. Wie könnte
Blair seine Stellung wieder festigen?
In dem er nicht umfällt, sondern seinen Weg an
der Seite der USA weitergeht. Zunächst hat und bekommt er zusätzlich eine
Menge Ärger, später werden die Leute es verstehen. Und wenn nicht, dann ist
er Premierminister a. D., aber einer mit Standing.
Die Gegenwart: Weshalb spenden Sie Parteien und
Einzelpersonen hohe Geldbeträge?
Es sind angemessene Geldbeträge an
demokratische Parteien. Diese leben nicht von Mitgliedsbeiträgen allein,
sondern von Spenden. Es ist unser politisches System, dass Parteien Spenden
für ihre Arbeit bekommen sollen. Selbst der Fiskus honoriert das.
Die Gegenwart: Worauf gründet sich das
Vertrauen Ihrer Kunden in Sie?
Wer mich kennt, vertraut mir blind.
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