DIE KONRAD ADENAUER STIFTUNG INVESTIERT INS NETWORKING
Soziales Kapital und
seine Rendite
TEXT:
CLAUDIUS ROSENTHAL
BILDER: KONRAD ADENAUER-JOURNALISTEN-AKADEMIE
Zum kleinen Einmaleins der
Gesellschafts- und Verschwörungstheorien zählt: Wer Geld hat, hat Macht. Und
wer als aufgeklärter Mitteleuropäer ein wenig Allgemeinbildung unter Beweis
stellen will, der muss nicht erst den Publikums-Joker einsetzen, um auf
solcherlei Bonmots antworten zu können: Zur Elite zählen die Geld-Menschen
damit noch nicht. Oder besser: nicht "automatisch".
Die feinen
Unterschiede"Kapital" in Form von
Geld, von Aktien, von Immobilien ist sicherlich immer noch ein Indiz für
Elitenzugehörigkeit. Aber: Da sind noch die Menschen mit den hohen
Bildungsabschlüssen, vor allem die Herren "Doktoren" und "Professoren".
Oder die Künstler und Intellektuellen, vor allem die Schriftsteller,
Musiker, Maler. Die sind nicht unbedingt reich und doch "Elite". Und dann
gibt's da noch jene, die sich über Kontakte, über Freunde, über Bekannte als
"elitär" bezeichnen. Seit Pierre Bourdieus mit seiner
"Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft" die "feinen
Unterschiede" in der französischen Gesellschaft analysiert hat wissen
wir nämlich: Elite definiert sich über ökonomisches,
kulturelles und soziales Kapital.
Formen der
Begabtenförderung
Warum es lohnt, das zu wissen?
Weil Begabtenförderung und Elitebildung zumal in Deutschland in den
seltensten Fällen unmittelbar und nachhaltig das ökonomische Kapital der
Geförderten mehren kann. Gewiss: Es ist der Traum eines jeden Hochbegabten,
komme er von der Konrad-Adenauer- oder der Heinrich-Böll-Stiftung, hinter
der monatlichen Stipendienzahlung noch zwei, drei Nullen angehängt zu sehen.
Und ebenso illusorisch ist wohl die Vorstellung, dass
mit der umfangreichen ideellen Förderung der
Begabtenförderwerke das kulturelle Kapital plötzlich eine Hausse erlebt.
Statt dessen investiert Begabtenförderung in Deutschland in soziales
Kapital. Und die Rendite lässt es zumindest im Laufe einer
Erwerbsbiographie in der Kasse der Geförderten klingeln. Für die
Stipendiaten der Journalisten-Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung gilt
das in besonderem Maße. Während der zwei- bis dreijährigen
volontariatsadäquaten Ausbildung wird soziales Kapital in
unterschiedlichen Geschäftsbereichen akkumuliert und investiert.
Netzwerke und Karrieren
Ein Beispiel unter vielen ist die "Freundschaften fürs Leben": Da treffen
sich die ehemaligen Stipendiatinnen und Stipendiaten der
Journalisten-Akademie einmal jährlich auf Schloss Eichholz bei
Wesseling, um die Freunde aus vergangenen
Seminartagen wieder zu sehen. Um in Erinnerungen zu
schwelgen. Um Klatsch und Tratsch zu erzählen. Um Jobs anzubieten
oder
darauf zu hoffen, einen solchen angeboten zu bekommen. Oder um zu erfahren,
dass Jörg Howe Chefredakteur bei
SAT 1 ist, André Uzulis kürzlich
Chefredakteur des Nordkuriers geworden ist... Damit nicht genug. Hinter der
Journalisten-Akademie stehen nicht allein die mittlerweile rund 700
Altstipendiaten. Dahinter steht ein Think-Tank mit über 300
Wissenschaftlern, die mit über 200 Projekten in 120 Ländern vertreten sind.
Dahinter steckt eine kreative Ideenbörse, die jährlich rund 150.000 Menschen
mit ihren Angeboten zur politischen Bildung erreicht. Dahinter steckt eine
Politikberatungs-Agentur, die nicht allein über Know-How zu allen
bedeutsamen Fragen der Zeit verfügt, sondern die vor allem auf einmalige
Weise über Kontakte zu Unternehmern, Wissenschaftlern und Politikern
verfügt.
"Luxus" Journalisten-Akademie
Sicher. Das ist bei den anderen politischen
Stiftungen ähnlich. Aber: Keine zweite Stiftung
leistet sich den "Luxus" einer eigenen
Journalisten-Akademie. Keine zweite Stiftung investiert im Medienbereich
derart in die Ausbildung von sozialem Kapital. Und keine zweite Stiftung und
keine Journalisten-Schule kann von sich behaupten, das rund 50 Prozent ihrer
Absolventen Führungs- und Leitungsaufgaben wahrnehmen. Allein diese Zahl
belegt, dass sich das neudeutsch so banal klingende "networking",
mithin die gezielte Investition in das soziale Kapital der
Adenauer-Stipendiaten schnell amortisiert.
Fordernde
Ausbildung
Wie
sieht das in der Praxis aus? Die Stipendiaten der Journalisten-Akademie
verbringen im Rahmen einer Fernseh-Akademie zehn Tage miteinander. Rund um
die Uhr. Morgens gemeinsam die Medienschau vorbereiten und Recherchepläne
abstimmen, mittags auf den Dreh gehen, nachmittags Material sichten, abends
schneiden, verwerfen, erneut schneiden, nachvertonen und mit guter
Arbeitsorganisation und viel Glück irgendwann zwischen zwei und drei Uhr
nachts ins Bett fallen. Zwischendurch zum einen Gespräche mit
Altstipendiaten, mit Medienprofis und vor allem mit den
Journalisten und Praktikern, die die gesamte Veranstaltung begleiten. Da
wächst zusammen, was zusammen gehört. Da lassen sich die Stipendiaten
Visitenkarten geben, da machen sie das nächste Praktikum klar, da wird
vereinbart, in Kontakt zu bleiben. Das alles zwanglos, weil sich "einfach so
ergebend" beim Redigieren eines Beitrages, beim Bier nach dem Vortrag.
Wider den Autismus
Dieses "Kontakte-knüpfen" reduziert sich selbstverständlich nicht auf
letztlich doch so banale Dinge wie Praktika und Visitenkarten. Journalisten
müssen heute funktionieren wie kleine Kommunikations-Agenturen. In Zeiten
des Informations-Overkill reicht es für die solide Recherche nicht aus,
"Google"
zu kennen und bedienen zu können oder zu wissen, wo der "Oeckl"
steht. Journalismus heute heißt auch Wissen zu vernetzen, um so
Informationen einordnen und bewerten zu können. Wer als Journalist
Komplexität sinnvoll reduzieren möchte, kann dies nicht länger in
gleichsam intellektuell-autistischer Askese. Der kluge Kommentar heute ist
nicht länger das Ergebnis solipsistischer Schreiberlinge. Ein guter
Journalist ist, wer die Welt kommunizierend zu begreifen, zu beschreiben und
zu bewerten versucht.
Informelles Stellenkarussell
Und auch für das berufliche vorankommen sind Kontakte wichtig. Ein Blick auf
den Stellenmarkt zeigt: Einerseits berichten die Mitarbeiter der
Arbeitsämter von rund 6000 arbeitssuchenden Journalisten und lesen sich die
Stellenteile der einschlägigen Magazine wie eindrucksvolle Dokumente neuer
deutscher Bescheidenheit. Andererseits finden Absolventen der
Journalisten-Akademie binnen kürzester Zeit nach Beendigung ihres
Studiums einen Job, verbessern sich ehemalige Stipendiaten beruflich, ohne
auf eine Stellenanzeige zu reagieren. Das Stellenkarussell dreht sich, aber
auf informelle Weise. Will heißen: Wer niemand kennt, der jemand kennt, der
wird sich schwerlich beruflich zum besseren verändern können.
Mehr als eine Seilschaft
Spätestens hier müssen die Dirigenten des Chors der Blöden die Stimmgabel
schlagen und die alte Weise von den Seilschaften und der Vetternwirtschaft
anstimmen. Doch weit gefehlt: Zu alledem kommen bei den Stipendiaten
schließlich exzellente Studienleistung, eine wetterfeste Persönlichkeit und
vor allem eine sich in ausgeprägtem sozialen Engagement beweisende
Verantwortung für unsere Gesellschaft. Das ist Begabtenförderung, wie
sie die Konrad-Adenauer-Stiftung versteht. Und für die Journalisten-Akademie
muss ergänzt werden: Sie bringt auch noch schöne Federn hervor!
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