IMPLIZITE PROPAGANDA IN SPIELFILMEN

Kanonenfutter im Geiste


TEXT: JONS MAREK SCHIEMANN
BILD: PHOTOCASE.DE


Unter Führung der Amerikaner verbünden sich die Völker, überwinden alle Unterschiede und kämpfen gegen einen gemeinsamen Feind, der nur durch heroische Opfer überwunden werden kann. Damit ist nicht der Irakkrieg gemeint, auch wenn Bush junior das gerne so gehabt hätte. Nein, das ist der grobe Inhalt eines erfolgreichen Spielfilmes: Independence Day. Von den zwei Helden, die letztendlich das feindliche Raumschiff besiegen, ist der eine Schwarz, der andere Jude. Politisch korrekt: zwei Vertreter lang unterdrückter Völker. Allerdings ist der Weisungsgeber weiß, ein typischer Vertreter der Wasps (White Anglo - Saxon Protestants). Angespornt durch diesen, natürlich, weißen Präsidenten, kommen auch Randgruppen wie Alkoholiker und Stripteasetänzerinnen zum Zuge, ihre Heldenhaften Seiten zu zeigen. Der melting pot der Rassen und Völker at its best. Eine Versinnbildlichung des amerikanischen Traumes und klare Führungsansprüche der Amerikaner gegenüber anderen Völkern.

Ein anderes Beispiel: in einem weiteren erfolgreichen Film ist der Bösewicht die personifizierte Normalität bzw. sogar Mittelmäßigkeit indem er den Allerweltsnamen Smith trägt. Dieser Name ist äquivalent zu den deutschen Namen wie Schmidt, Müller und Maier. Indem dieser Schurke bekämpft wird, besteht ein Aufstand gegen den Status Quo und die Privilegierten beanspruchen ihren Führungsanspruch. Aber so besteht die Gefahr eine neue Matrix zu schaffen.

Entgegen offenkundiger Propagandafilme wie die der Nationalsozialisten (z.B. Jud Süß) oder mancher anderer Spielfilme auch sowjetischer Herkunft, können in den meisten Actionfilmen Züge impliziter Propaganda entdeckt werden. Und zwar immer dann wenn ein Feindbild gebraucht wird. Nicht immer ist das so offensichtlich wie in dem Film Die grünen Teufel. John Wayne als der große, quasi personifizierte Amerikaner verspricht einem kleinen vietnamesischen Jungen eine große demokratische, freie Zukunft, die alle Opfer des (Vietnam-)Krieges aufwiegen wird. Ist das schon schwer zu ertragen, nimmt er noch den Jungen dabei halb in den Arm und scheint somit zu sagen: „Aber nur unter meiner Führung“. Dabei trieft die Musik vor Pathos und der Himmel am Horizont strotzt vor den roten Farben der aufgehenden Sonne; sprich die Erfüllung des großen Traumes. Uncle Sam macht es möglich. Ist solch eine Sequenz noch einigermaßen nachvollziehbar, weil der Film mitten zur Zeiten des Krieges gedreht wurde, ist oftmals die Propaganda implizit.

Warum sind die Drogenhändler in den Actionfilmen eigentlich immer Ausländer ? Sie kommen aus Jamaika, Kolumbien, sind schwarz, aus Südafrika, Kuba, Asien, Russland und, und, und. Selbstverständlich hat jeder James-Bond-Film auch einen Schurken der Deutscher ist.

Nazis sind als Bösewichter natürlich beliebt, da hier moralische Diskussionen ausgeblendet werden können. Nazis, als das personifizierte Böse in den Kriegs-Action-Filmen auf historischer Grundlage, sind ideales Kanonenfutter. Die Offiziere sind diabolisch und der einfache Soldat bleibt anonym. Warum nicht also noch mal fünfzig umnieten? Kein Problem für Indiana Jones und andere.

Hat Arnold Schwarzenegger es während seiner Karriere geschafft, die Propagandafalle weitgehend zu umschiffen, weil die meisten seiner Filme zu den eher ideologiefreien Science-Fiction oder Fantasy Filmen gehören, tappte Sylvester Stallone mit seinen Rambo-Filmen voll rein. Während der erste Film der Rambo-Trilogie noch die psychischen Auswirkungen des Vietnamveteranen behandelte, waren in den beiden Folgefilmen die Kommunisten der Kugelfang: der Krieg in Vietnam wurde nachträglich gewonnen und die Russen aus Afghanistan vertrieben (dummerweise Seite an Seite mit den Taliban und wir wissen ja wohin das führte). Dabei wird eine Westerntugend aufrechterhalten: eine Kugel vom Cowboy abgefeuert tötete im Schnitt fünfzig Indianer, bis sich die Italiener des Genres annahmen und den Typus des Antihelden etablierte. So kann Chuck Norris in den Missing in Action- Filmen und Stallone in Rambo 2 ganze Bataillone der „Schlitzaugen“ in den Mao-Himmel schicken. Wohingegen Schwarzenegger in Phantom Commando das ganze eher ironisch sieht: standhaft steht er still, bewegt sich nicht und erschießt an die hundert Bösewichter mit seinem Maschinengewehr, die natürlich alle zu blöd sind in Deckung zu gehen und ihm direkt vors Rohr laufen.

Selbstverständlich waren Terroristen auch schon vor dem 11. September Araber wie in True Lies und Ausnahmezustand, aber jetzt erst recht. Das problematische an Propaganda ist ja, das es ihr nicht an Grundlagen fehlen muss. Sicherlich ist die osteuropäische und russische Bandenkriminalität ein Problem, aber die ständige Wiederholung in Filmen und Serien wie Tatort kann die Ängste noch verstärken und Ressentiments entstehen lassen.

Vorurteile erleichtern das Denken. Klar: alle Italiener sind Mafiosi, Däninnen sind geil, Deutsche bleiben immer Nazis, Amis sind dumm und arrogant und alle Schwarzen Drogenhändler. Entdeckt man diese Strukturen und ist sich ihnen bewusst, so kann die Propaganda abgeschwächt werden.


 


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