ÖFFENTLICHKEIT
Ehre, wem Ehre gebührt


KOMMENTAR: RALF SCHWARTZ
BILD: PHOTOCASE.DE


Öffentlichkeit als Mittel zum Zweck. 'In der Öffentlichkeit stehen'. Je öfter, desto besser. Längst geht es nicht mehr um Inhalte. Es geht um die Gewinnung der Masse. Der Quote.  Verdurchschnittlichung ist angesagt. Der kleinste gemeinsame Nenner. Liegt näher an der steinzeitlichen Höhle als an der durchschnittlichen Bibliothek: Sex, Neid, Emotionen. Das (ehemals) Private. Mittel zum Zweck. Jede Stimme zählt. Jeder Anruf. Jedes Auge. Das auf Dich gerichtet ist. Meinst Du. Jedermann is watching you.


Jedermann. Auf der Superstar-Bühne. Im Internet-Ranking. In der Neun-Live-Warteschleife. Im Big-Brother-Container. Sich drängelnd um Geld Ruhm Ehre. Öffentliche Be-Kennt-nisnahme. Unterhaltung für die Massen. Öffentlichkeit. Selbstverwirklichung. In der Bedeutung 'das eigene Selbst verwirkt' zu haben.

Britney. Usher. Justin. Nicht bewundert für ihr Können. Sondern dafür, daß sie sich - laut MTV - 'alles leisten können, alles, und keine Rücksicht mehr nehmen müssen'.

Ackermann. Friedmann. Jedermann. Im Europäischen Parlament. In der Politik. Im Top-Management. Egoismus. Selbstbedienung. Arroganz. Auch: 'keine Rücksicht mehr nehmen müssen'.


Der Neid in den Augen der anderen. Einziges Ziel. Einzige Daseinsberechtigung.
Auf Kosten dieser anderen. Schnellstmöglich. Nicht durch eigene Leistung. Durch Herabsetzung anderer. Lernen wir schon früh. Ist effizienter. Mit leichten Nebenwirkungen: 'Schizophreniac' - a severe psychiatric disorder with symptoms of emotional instability, detachment from reality, often with delusions and hallucinations, affecting the coherence of the personality.

Schizophren. Wir suchen Sinn außerhalb unseres Selbst. Machen unsere Stimmung vom Feedback der Masse abhängig. Unserem Bild in den Medien.

Reißt unsere Persönlichkeit auseinander. Bringt uns in den Entzug. Den Knast. Die Depression. Aber 'lieber ein halbes Jahr berühmt, als ein Leben lang unbekannt. Dann hätte ich umsonst gelebt.' Spielen mit, um nicht aus dem Spiel zu sein
.

AUSGABE 37
SCHWERPUNKT DAS ÖFFENTLICHE PRIVATE




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Schade, daß die Bildung hier nicht mehr hilft. Das System längst aufgegeben hat. Trivialisiert und effizienz-optimiert. Sucht die Schuld bei den anderen. Medien. Politik. Dabei folgt die Qualität der Politik der Qualität der Medien. Und die Qualität der Medien fußt auf der Qualität unserer Bildung. Alle drei laufen Quantitäten hinterher und negieren Qualität als quoten- und damit karriere-problematisch. When shall we three meet again? In thunder? Lightning? Or in rain? Medien waren die objektiven Wächter der Gesellschaft. Deckten auf.

Ralf Schwartz, Jahrgang 1963, ist Herausgeber des Online-Magazins "Mind-Box". Im März 2004 erhielt er einen Lead Award in Silber.
Mind-Box Magazin

Prangerten an. Sorgten für Gerechtigkeit. Die Bestrafung der Gewissenlosen. Heute sind sie es selbst. Der Niedergang in vollem Gange. Intellektuelles Kapital verabschiedet sich aus den Massenmedien. Als Produzent oder Rezipient. Niveaus in Produktion und Konsumption sinken dramatisch. Wie die Titanic in der Schlußphase ihres Untergangs. Der übrigens nicht bei der Kollision mit dem Eisberg begann. Sondern mit der Arroganz der Menschen, ein unsinkbares Schiff gebaut zu haben. Ein Schiff für die Ewigkeit. Wie die Bildung. Für die Ewigkeit sein könnte.

Und so ist nicht die Veröffentlichung des Privaten unser größtes Problem, sondern Qualität und Relevanz des Privaten. Haben den objektiven Maßstab verloren. Das Niveau. Das Ziel. Die Werte.

Haare getönt? Ein Swimming-Pool mit einem turtelnden, alternden Pärchen? Ist das relevant? Beauty-OPs? Die die Menschen einander angleichen wie Osterhasen weißer Schokolade auf dem Fließband der Massenproduktion? Zur Erhöhung der Quote. In Konsumption. Und Produktion. Der ewige Wussow? Hat das Qualität?

Ein paar Nächte mit Familie im Hotel? 11 Millionen Jahresgehalt? Mädchenhandel und Drogenkonsum? Zu privat? 40% der Amtszeit im Urlaub verbracht? Vetternwirtschaft? Korruption? Verschwendung von Steuergeldern? Selbstbedienungsmentalität? Zu privat oder eine Frage des öffentlichen Interesses?

Wir brauchen kritische Medien. Eine mündige Öffentlichkeit. Engagierte Politiker. Ein selbstbewußtes Bildungssystem. Wir brauchen Vorbilder. Die die ungeschriebenen Gesetze leben. Wir brauchen Moral und Ethik. Nicht die kurzfristige, subjektive, materialistische Ethik der Gegenwart. Sondern langfristig-objektive Ideale. Wir brauchen Individualität. Mut. Qualität. Und Relevanz.



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