FRAUENTAUSCH
Mama ist doch
die Beste
TEXT:
MARION
BUK-KLUGER
BILD: PHOTOCASE.DE/WOMBATONLINE
RTL 2 macht Trendsetting nach
dem Motto „Mama ist doch die Beste“. Der Preis: ganz
Deutschland sieht zu und erlebt die Top-Mutter
mal heulend,
mal schimpfend und manchmal gar hysterisch.
Folge Nummer 30 beginnt zur Abwechslung ganz nett. Zwei
attraktive Frauen, eine aus Waldshut im Schwarzwald, die andere aus
Augsburg, tauschen für zehn
Tage ihre Familien.
Das Konzept der RTL 2-Sendung „Frauentausch“ erschien anfangs wirklich
interessant. Wir erleben zwei völlig unterschiedliche
Frauen, die ein paar Tage ihre Familien samt Pflichten tauschen:
eine Herausforderung, aber doch machbar.
Da kommt eine Stadtfrau zum Beispiel auf einen Bauernhof,
eine Hausfrau und Mutter aus Nürnberg zu einer Lesbe
samt Tochter und Lebensgefährtin nach Berlin, eine Deutsche in einen muslimischen Haushalt,
wo traditionelle Rollen vorherrschen und so weiter.
Wie werden die Frauen die neue Familie und die dort
herrschenden Regeln und Gewohnheiten meistern? Klingt
spannend.
Nur,
anscheinend war der Quotendruck so groß, dass es besser erschien, die Frauen
gezielt aufeinander loszuhetzen. Denn war es anfangs ausreichend, dass die
Tauschmuttis mit den Pflichten und den veränderten Lebensumständen zu
kämpfen hatten (die jeweils legitime Mutter hinterlässt dazu genaue
Anweisungen in ihrem Haushalt), wurden die Folgen immer
abstruser. Schon
während der ersten Tage kam es immer öfter zu Stress in den Familien. Und
das Ganze endete im Showdown der beiden Frauen, die am Ende aufeinander
losgingen und sich gegenseitig Unfähigkeit als Mütter und Hausfrauen
zuschrieben. Die Männer saßen meist stumm daneben. Das Klischee der Zicken
war bedient. Die Frauen halten Druck
und Heimweh nicht mehr stand und reagieren
vor laufender Kamera überaus emotional.
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AUSGABE 37
SCHWERPUNKT DAS ÖFFENTLICHE PRIVATE
STARTSEITE
EDITORIAL VON BJÖRN
BRÜCKERHOFF
INTERVIEW MIT JENS O.
BRELLE
MOMA IN BERLIN
DIE KULISSENSCHIEBER
FÜNF FRAGEN - ZEHN
ANTWORTEN
DIE BEWEGTE NATION
DARF DIE KUNST ALLES?
MAMA IST DOCH DIE BESTE
DIE EWIGE WIEDERHOLUNG
HYBRIDFORMATE SIND TRUMPF
RÜCKSICHT BEIM TELEFONIEREN
EHRE, WEM EHRE GEBÜHRT
NUR BARES IST WAHRES
ALLE AUSGABEN IM ARCHIV
DAS REGISTER
ÜBER DIE GEGENWART
IMPRESSUM
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ein Hund und der neue Mann
Gerhard (47)
erwarteten die Städtische Angestellte.
Ehemann
Wolfgang hingegen bekam im Gegenzug Sabine (36) als neue Frau.
Und während
Esther in ihrer neuen Familie voll beschäftigt war (Gassi gehen mit dem
Berner-Sennen-Hund und Familie versorgen), hatte Sabine in Augsburg weniger
zu tun. Mann und Sohn verließen früh das Haus und Sabine war allein mit
Esthers über 40 Spinnen.
Beim Essen
in einer mexikanischen Bar nach zwei Tagen war scheinbar
noch alles in
Ordnung, obwohl Esthers Sohn Matthias da schon etwas genervt vom Kamerateam
war, wie ich beim Treffen mit Sabine und Wolfgang in der Bar erfuhr. Klar
ein Siebzehnjähriger will eben am Sonntag erst einmal ausschlafen und nicht schon
vor Kameras posieren.
Vielleicht
hatte die Tauschfrau aus Baden-Württemberg auch
ein Problem mit Esthers zweitem Standbein, der Firma
"Sinnlichkeiten", einem Internet-Versandhandel von Erotik-Artikeln.
Mal schnell die Familie für ein paar Tage
tauschen ist nicht so leicht, wie man annehmen könnte. Sabine jedenfalls kam nicht
klar mit ihrem Zwangsurlaub. Keiner der beiden Männer brauchte sie und ihre
hausfraulichen Fähigkeiten.
Doch wie weit geht die Verantwortung des Senders
oder die der Produktionsfirma.
Durch geschickte Veränderungen in der Produktion sah man zum
Beispiel den Abend in der Bar nicht, der wohl zu harmonisch
verlaufen war. Auch wurde verschwiegen, warum Wolfgang so spät von seiner Arbeit als
Lehrer nach Hause kam (er hatte einen Elternabend). In der Ausstrahlung
hingegen wirkte es, als ob er keine Lust auf die Tauschfrau hatte.
Auch Sohn
Matthias wollte sich mit fast 18 nicht von einer ihm völlig fremden Frau
erziehen lassen. Es kam wie es kommen musste, Sabine langweilte sich,
schmiss
Wolfgang aus der Wohnung und wurde im Gegenzug von ihm gebeten, nach Hause
zu fahren. Kein schönes Ende, zumal Sabine wieder daheim in gewohnter
Umgebung Esther bezichtigte, ihr Haus in einen Saustall verwandelt zu haben.
Ihre Kinder seien zu Werbezwecken für ihr Erotik-Unternehmen missbraucht
worden. (Esther hatte den beiden älteren Mädchen an Hand eines
Vibrators den richtigen Umgang mit Kondomen gezeigt
– sicher nicht gerade
eine Aktion, die unbedingt nötig war, doch der verantwortlichen
Redakteurin beim Dreh gefiel diese Szene so gut
– und
sie führte schließlich auch
mit Sicherheit zur
Konfrontation mit Sabine).
Streitereien sind es eben, die für Quote sorgen. Lichtblick
am Ende der Folge: „Ich tausch nicht mehr,
ich will mein Leben zurück.“ – der Song, der eingespielt
wurde. Vielleicht ein Hinweis, dass
sich auch dieses Sendeformat mal wieder überholt hat.
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