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Herausforderung Medienjournalismus


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Medienjournalismus reloaded  
Text: Daniel Fiene     Illustration: Björn Brückerhoff  

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Das eigene Redaktionsblog verkündete den Tod des Muttermediums: das Medienmagazin „V.i.S.d.P.“ ist eingestellt. „Wir sind einfach zu wenige! Es gibt um die 50.000 Journalisten in Deutschland. Ein nicht geringer Teil davon hat sich geweigert, uns zu abonnieren. Ein weiterer Teil bekommt schon andere Medienmagazine ungefragt zugeschickt. Jetzt sparen wir uns einfach Druck und Vertrieb und sind eben ganz vorne dabei, was Online- Journalismus angeht“ – so war es auf der Website zu lesen. Zwei Jahre lang hat das Medienmagazin „V.i.S.d.P.“ sein Spiel mit den Medien getrieben. Ein hippes Scherenschnitt-Layout, Hintergründe, Reportagen, Personalien, Streitereien mit Thomas Leif und seinem Netzwerk Recherche, den bunten Galabildern von Medienveranstaltungen – so bleibt das nun eingestellte Periodikum in Erinnerung. Mit Ausgabe 17 war Schluss. „Journalisten sind ja gewohnt, dass es alles umsonst gibt“, kommentiert Herausgeber Hajo Schumacher die Einstellung von „V.i.S.d.P.“. Mehr bezahlte Abos habe das Magazin benötigt. Druck und Vertrieb würden immer teurer werden und überhaupt: Der Vorlauf eines monatlichen Magazins sei viel zu lang. „Wie soll man Ende Mai bereits die Themen planen, die im Juli noch halbwegs aktuell sind?“ Jetzt gibt das Team „V.i.S.d.P.“ als wöchentlichen PDF-Newsletter heraus, so Schumacher. Einen Vorteil hat das: So können die Blattmacher noch bis zum Freitagmittag entscheiden, was am Nachmittag verschickt werden soll.

Vielleicht ist das Ende von „V.i.S.d.P.“ symptomatisch für den Medienjournalismus. Die Medienseiten in Tageszeitungen verkommen zu Tatort-Nachbesprechungen. Der Kostendruck in den Redaktionen lässt die Chefetagen zuerst beim Medienredakteur sparen. Eine gleichbleibende Zahl von Lesern muss zwischen immer mehr Titeln auswählen. Wer braucht schon Medienjournalismus?


Wir alle. Politik und Medien zum Beispiel – so sieht es Julia Salden. Die junge Journalistin arbeitet für das NDR-Medienmagazin „ZAPP“ und hat sich jüngst mit der Macht der Suchmaschine „Google“ auseinandergesetzt. Sie untersucht das dynamische Machtverhältnis zwischen Politik und Medien. In der Vergangenheit haben Medien bewiesen, dass sie nicht immer verantwortungsvoll mit Macht umgehen. Dann ist da noch die Macht der PR, die Druck auf die Medien ausübt. „Das ist sehr gefährlich, denn das ist das einzige was wir Journalisten haben: Glaubwürdigkeit. Das ist das Pfund, mit dem wir wuchern. Wenn das verloren geht, dann können wir einpacken“, so Salden.


Selbstkontrolle, diese Aufgabe muss der Medienjournalismus wahrnehmen. Das findet auch Hajo Schumacher. „Wir sollten nicht nur Debatten über andere führen, sondern auch einmal eine Debatte über uns anfangen und dann auch damit zum Schluss kommen.“ Die Medien sollten sich im Klaren werden, was sie mit ihrer Berichterstattung bewirken.

Aber zunächst gibt es einige Probleme, mit denen sich der
Medienjournalismus auseinander setzen muss. Es scheint, als interessiere sich niemand mehr für den Medienjournalismus. „Wir haben ein Wahrnehmungsproblem. Wir haben das Gefühl dass sich jeder Bürger für uns interessieren sollte. In Wirklichkeit interessiert sich jeder doch nur für sich selbst. Es gibt sehr viele Fachmagazine und sehr spezielle In-Group-Diskussionen, die dort geführt werden. Wenn sich die Metzgerinnung über die Idealzusammensetzung der Trüffelleberwurst unterhält, dann interessiert das vielleicht auch nur tausend Metzger in Deutschland. So ähnlich ist das bei den Mediendebatten auch“, so Schumacher, der auch eine Talkshow auf N24 moderiert. Dann die Eitelkeit – ein wunderbares Instrument des Medienjournalismus. Wir alle sind eitel und gucken als erstes, ob über uns geschrieben oder gesprochen wird. Der Medienjournalismus bewegt sich auf einem schmalen Grad zwischen Selbstkontrolle und Selbstbeweihräucherung.

Für junge Journalisten ist die Medienberichterstattung ein reizvoller Einstieg in den Journalismus. Trotz neuer Medien sind vor allem klassische Eigenschaften gefragt: Durchsetzungsfähigkeit. Kritischer
Geist. Lust sich reinzuhängen. Diese Attribute helfen jungen Kollegen, sich weiter sich zu etablieren, sagt Julia Salden. Hajo Schumacher sieht im Medienjournalismus ein Sprungbrett für junge Kollegen: „Wenn sie die Kraft und den Mut haben, ein großes Medienhaus lang anhaltend zu kritisieren, und sie sich ein gutes Informationsnetz aufbauen und dann immer noch weiter kritisieren, dann werden sie irgendwann von einem großen Verlagshaus weggekauft. Sie werden ihnen ganz viel Geld anbieten, dass sie nicht mehr gegen sie schreiben, sondern werden ihnen einen ganz tollen Posten bei sich anbieten.“ Ob das ein wünschenswerter Weg ist, sei dahin gestellt.

Wer möchte schon Jahr für Jahr über die Intendantensitzung der ARD schreiben? „V.i.S.d.P.“-Schreiber Sebastian Esser kehrt dem Medienjournalismus mit dem Ende der Medienzeitschrift auch den Rücken. Er wird künftig für das neue Zeitschriftenprojekt „Vanity Fair“ arbeiten. Die übrig gebliebenen Medienjournalisten fragen sich natürlich, wo ihr Genre in Zukunft stattfinden wird. Das wird sich zeigen. Ob als Podcast oder als PDF-Magazin – eines ist sicher: Nicht nur die Mediennutzung der klassischen Medien verändert sich. Julia Salden vom NDR ist sich sicher, dass nicht nur Zeitungen weiterhin Leser verlieren werden. „Irgendwann warten wir nicht mehr bis es 20 Uhr ist – bis die Tagesschau kommt.“ Dann komme es darauf an, dass bestehende Formate schon alternative Verbreitungsformen etabliert haben um ihre Zielgruppe weiterhin an sich zu binden. Das gilt auch für den Medienjournalismus.

In welchen Formaten der Medienjournalismus weiterleben wird, wissen wir noch nicht. Über Experimente, Siege und Niederlagen werden wir nachlesen können.