Medien zwischen Propaganda und PR
TEXT UND BILDER:
MARION
BUK-KLUGER
„Was nicht
geht, ist nicht zu berichten!“ so Wolf-Dieter Ring,
der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für Neue
Medien, bei seiner Begrüßungsrede zu den Augsburger Mediengesprächen 2003.
Thema: „Nachrichten zwischen Propaganda und Zensur“.
Wie aber soll berichtet werden?
Wie schützt sich der Journalist vor Manipulation, gerade in der
Berichterstattung von Kriegsschauplätzen überaus schwierig, wie die
Arbeitsmöglichkeiten der „embedded
journalists“ im Irak-Krieg deutlich gemacht haben.
Einer, der es wissen muss, ist Ulrich Tilgner,
Auslandskorrespondent des ZDF und Podiumsteilnehmer in Augsburg. „Man muss
sich bewusst sein, wenn ein amerikanischer General in Bagdad vor die Kameras
tritt, dann spricht er zum einen zu den Journalisten, zum anderen zu den
Wählern seines Präsidenten und zum dritten zum Gegner.“ Mit diesem
Hintergrund muss daher eine Information betrachtet werden, bevor man sie zu
einer Nachricht macht. Problematisch ist es für Tilgner, wenn Kriegsreporter
entsandt werden, die allein zum Zwecke der Kriegsberichterstattung in einem
Krisengebiet agieren.
Um wirklich differenziert berichten zu können, „muss
man sich auskennen am Ort des Geschehens.“ Die Aufgabe der Journalisten soll
es so Tilgner sein, Stimmungen aufzufangen und die betroffenen Menschen zu
beobachten, um deren Veränderung während eines Krieges erkennen und
wiedergeben zu können. Diesen Einblick, das Wissen um die Situation vor Ort
und die Lebensverhältnisse der Menschen kann nur durch eine längerfristige
Anwesenheit im Krisengebiet, auch schon vor der Krise selbst, gewährleistet
sein. Ein kurzfristig eingeflogener Reporter ist viel mehr auf die Infos der
unterschiedlichen Parteien angewiesen und schneller manipulierbar. Die
Hinterfragung sollte dann wenigstens in der Heimatredaktion geleistet
werden.
Warum also nicht genau recherchieren und lieber etwas später mit der
Meldung, dem Bericht auf Sendung / in Druck gehen?
In Zeiten von Quotendruck und Sparmaßnahmen wird dies jedoch nicht
selten für die Journalisten problematisch. Ulrich Tilgner ist der Meinung,
dass eine gute saubere Quellenarbeit gefragt ist, „für die heute aber oft
die Zeit fehlt!“
„Natürlich können die so genannten „embedded correspondents“
aufklärend wirken“, so Tilgner weiter, „wenn durch deren Anwesenheit
Kriegslügen aufgedeckt werden können, ist deren Einbettung in die Truppen
okay.“
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AUSGABE 34
SCHWERPUNKT MEDIENMORAL
STARTSEITE
EDITORIAL VON BJÖRN
BRÜCKERHOFF
GEGEN DEN TAKT DER MEDIEN
MONEY MAKES HEADLINES
VERDI BRAUCHT FEINGEFÜHL
TRAUMFABRIK
KOMMUNISMUS
EINFÜHRUNG IN
MORALISCHES HANDELN
REGELN FÜR DAS GUTE LEBEN
DAS PRIVATLEBEN DER POLITIKER?
MEDIA TIPS FOR THE NEXT RECALL
ZWISCHEN
PROPAGANDA UND PR
MORAL UND MEDIEN: GROSSE WORTE
PORNO, CRIME UND KRIEG
ALLE AUSGABEN IM ARCHIV
PRESSESERVICE
IMPRESSUM
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Inwieweit jedoch wird der
Rezipient in dieser Aufgabe unterstützt?
Eine Tatsache
müssen wir akzeptieren , die sich im Vorwort von Maybrit Illners und Ingke
Brodersens Buch „Ente auf Sendung – Von Medien und ihren Machern“ findet:
„…Journalisten sind keine Ritter ohne Furcht und Tadel. Oft versteckt sich
hinter der angeblichen Aufklärungsarbeit ein Schielen auf Auflage und Quote,
um sich im hart umkämpften Medienmarkt zu behaupten. …Was in den Medien
publiziert wird, darf noch lange nicht für bare Münze genommen werden.“ Denn
wenn eine Nachricht, die nicht noch einmal durch andere Quellen geprüft ist,
herausgegeben wird, ist diese nicht bestätigt „non testatum.“
= n. t. ( gesprochen
en-te ).
Auch hier sei erneut zu bedenken, bei einer Kriegsberichterstattung ohne
Hintergrundwissen und Kontakte vor Ort, sicher schneller Realität als
erwünscht.
Hört, hört, aber ist ja verständlich, ein Journalist ist auch in erster
Linie Mensch, subjektiv durchdrungen und nicht frei von Fehlern. Wichtig ist
nur, sich als Medienmacher darüber bewusst zu sein und in einer eigenen
Ethik folgend zu handeln, die einen die Arbeit stets kritisch hinterfragen
lässt.
„Aber woher weiß ich, was stimmt und was nicht? Woher weiß ich, dass die
Kriegsparteien mich nicht anlügen, mich nicht als Propagandawaffe benutzen
wollen? Eigentlich weiß ich es nicht und kann es auch nur schwer überprüfen,
das ist das größte Dilemma eines Kriegsreporters.“ beschreibt Ariane
Vuckovic ihre Arbeit in „Ente auf Sendung“.
Und weiter meint sie „Und ruhig zugeben, dass man die Lage nicht objektiv
beurteilen kann, sie sich hier und heute aber so darstellt.“
Doch ist das wirklich machbar?
Ja, unbedingt, und nicht nur bei Berichten von Krisengebieten, wo sicher die
Gefahr für Leib und Leben größer ist als zu Hause, auch bei den alltäglichen
Berichten sollte wieder verstärkt das genaue Hinsehen wichtiger werden.
Wahrheit, saubere Arbeit muss vor allem stehen. Ein
hohes Ziel.
Was zu einer weiteren Frage, wenn es um Moral und Ethik in den Medien geht,
führt. Muss tatsächlich über alles vermeintlich
quoten- und auflagesteigernde berichtet werden?
Die jüngsten Publikationen über sich mitteilende Promis a la Bohlen und
ähnlichen wirft diese Frage auf.
Gewinnt eine Story nicht durch ihre permanente Publikation und Ausstrahlung
nicht oft mehr an Bedeutung als sie tatsächlich haben sollte? Wird nicht
eben dadurch der Mehrheit vorgegaukelt, dass vermeintliches Interesse einer
Minderheit ist der Maßstab für Wichtigkeit eines Themas.
Man kann sich einem der Wahrheit verhafteten Musikproduzenten kaum
entziehen, wenn er einem quer durch die Medienlandschaft präsentiert wird,
obwohl nur 2% der bundesdeutschen Bevölkerung angeben, an seinen Ergüssen
interessiert zu sein.
Ist die Meinung von Paul Sethe, ehemaliger Mitherausgeber der FAZ, dass
„Pressefreiheit die Freiheit von 200 reichen Leuten ist, ihre Meinung zu
verbreiten. Journalisten, die diese Meinung teilen, finden sie immer. Frei
ist, wer reich ist.“ also schon längst Alltag in unseren Medien?
Provokant, aber sicher nicht völlig aus der Luft gegriffen. Der Zeitdruck
zwingt zu schnellem Handeln, zu der Jagd nach Exklusivität oder zumindest
dem Erreichen des Status, der erste zu sein, der die Story bringt, egal ob
von Relevanz oder nicht.
Die Definition der Wichtigkeit eines Themas ist und bleibt schwer. Was
berichtet, gezeigt, getan werden darf, kann nicht pauschal beantwortet
werden, ist schon der Moralbegriff ( nach Duden definiert als Gesamtheit von
verbindlichen sittlichen und ethischen Normen, die das zwischenmenschliche
Verhalten einer Gesellschaft regulieren ) auslegbar.
Doch eines ist sicher, die Auseinandersetzung darüber muss
geführt werden, immer und immer wieder von Medienmachern und Rezipienten
gleichermaßen.
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