Cybersport, Cheats und viel Geld


Text:
Thomas Sommer    Bild: Photocase.com
Video: Speed Demos Archive

„Ich bin klein und unbedeutend und ich habe auch kein Skill /
Aber eins weiß ich genau, dass ich Pro werden will.“

So lautet die erste Zeile des Songs eines jungen deutschen Musikers, von dem die Berliner Zeitung vermutet, in der Gamer-Szene bekannter zu sein als Britney Spears. PC Action vergleicht ihn sogar mit niemand geringeren als Robbie Williams. Die Rede ist von
Jan Hegenberg, seines Zeichens Songwriter, Sänger, Produzent und natürlich auch selbst Gamer.

Von den größten LAN-Partys bis zur Leipziger
Games Convention begeistert er singend die Massen derer, die mit Tastatur und Maus so virtuos umgehen können, wie einst Beethoven mit dem Klavier. Sich selbst bezeichnet der 29jährige ehemalige Biologie-Student als „ersten deutschen Counter-Strike-Sänger“. Seine Lieder schreibt er für die neuen Helden der ‚Bits and Bytes’. Für Cyber-Athleten und solche die es noch werden wollen.

AUSGABE 48
DIE GESELLSCHAFT DER SPIELER





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EDITORIAL VON BJÖRN BRÜCKERHOFF

DIE ZUKUNFT DES SPIELENS
ENDLICH MAL RUNTERKOMMEN
SNIPERN, ROTZEN, RAUSROTZEN
INNOVATION UNTER DRUCK
MEIN LEBEN MIT (UND OHNE) DR. JONES
FLUCHT IN DIE TRAUMWELT
SCHLEICHWERBUNG IN COMPUTERSPIELEN
HEIMWEH NACH ZUKUNFT
MOBILE GAMING
LILA GEGEN GRÜN
STEILVORLAGE FÜR DIE FANTASIE
DIE FASZINATION DER STEINE
SPIELE UND JUGENDMEDIENSCHUTZ
FRÜHE ZEICHEN DER GLOBALISIERUNG
CYBERSPORT, CHEATS UND VIEL GELD

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Der weltweit bekannteste und erfolgreichste unter ihnen ist der Südkoreaner Lim Yo-hawn, manchem Gamer besser geläufig unter dem Pseudonym „SlayerS_BoxeR" (kurz: Boxer). Wie kein anderer ballert, zockt und daddelt sich der 26jährige in die Herzen einer stetig wachsenden Anhängerschar und spielte sich im vergangenen Jahr einen sechsstelligen Eurobetrag zusammen. Er ist damit unangefochtener Spitzenreiter und Galionsfigur des E-Sports. Lim ist das, was man in der Szene als Pro-Gamer, als professionellen Spieler bezeichnet.

In Südkorea haben Videospiele schon heute einen ähnlichen Stellenwert wie hierzulande Fußball & Co. Pro-Gaming steht aber nicht nur in Asien für Ruhm und Erfolg. Auch in Europa und in Deutschland sind die Zeiten vorbei, in denen man noch allein gegen blutrünstige Aliens kämpfen und Lara Croft nächtelang durch gefährliche Abenteuer lotsen musste. Die Computerspieler von heute haben sich zu so genannten Clans zusammengeschlossen. Spielen wird dabei immer mehr zu einem echten Gemeinschaftserlebnis, in dem Kampf- und Teamgeist gleichermaßen gefragt sind.



















Spielszenen aus "Metroid Prime":
Kommen Sie noch mit?

 

   

Einer der weltweit erfolgreichsten Clans kommt aus dem Ruhrgebiet – genauer gesagt aus Oberhausen. Die Rede ist von SK-Gaming. Für Alex Müller, Teammanager von SK Gaming, ist der Erfolg seines Clans nichts besonderes. Deutschland hat schließlich einen entscheidenden Standortvorteil: „Gutes Potenzial und sehr gute Spieler.“ Der Clan genießt in der Spielerszene einen legendären Ruf und erinnert in Sachen Marketing und gezieltem Spielereinkauf sehr an Profifußballvereine. Der Vergleich mit Bayern München liegt nahe. Wie im realen Leben geht auch bei Pro-Gamern nichts ohne hartes Training. Taktik und Spielzüge werden täglich in stundenlangen Trainingseinheiten eingepaukt. Trotz zunehmender Professionalisierung und stetig steigender Preisgelder lässt es sich hierzulande aber noch nicht vom Cybersport allein leben. Für die vielen tausend deutschen Aktiven ist das Zocken daher auch nicht mehr als ein schöner Nebenverdienst. „Der E-Sport steht erst am Beginn seiner Entwicklung. In einigen Jahren werden wir wesentlich bessere Voraussetzungen für das Ausüben des E-Sports und eine positive öffentliche Wahrnehmung des E-Sports erreicht haben“, prognostiziert Frank Sliwka Vorstandsvorsitzender des "Deutschen eSportBundes" (ESB). Der gemeinnützige Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Gesellschaft über die neue Form des elektronischen Sports aufzuklären, Vorurteile abzubauen und E-Sport als vollwertige und offizielle Sportart zu etablieren.

Dieser Prozess wird sicherlich noch einige Jahre in Anspruch nehmen. Experten sind sich aber schon heute einig: E-Sport hat das Potential, sich zu einer der wichtigsten neuen Sportarten der Zukunft zu entwickeln. Im günstigsten Fall wird er sich langfristig sogar als Teil der „klassischen“ Sportwelt etablieren. Prestige und hohe Preisgelder locken aber auch die schwarzen Schafe des Cybersports auf den Plan.

Statt leistungssteigender Hormone nutzen Betrüger gezielt Schwachstellen im Programmcode der Spiele – so genannte Cheats. Cheats, das sind hier kleine Programme oder Tastenkombinationen, die während des Spielens unbemerkt aktiviert werden können und einzelnen Spielern beachtliche Vorteile bei Cyber-Duellen verschaffen können. Wände werden wie von Geisterhand durchsichtig oder man selbst wird unbesiegbar. Wer als Betrüger entlarvt wird, den straft die Gemeinschaft mit ihrer schärfsten Waffe, dem Spielverbot. Sperrfristen von bis zu zwei Jahren sind dabei keine Seltenheit. Bei der rasanten technologischen Entwicklung kann das schnell zum Aus für einzelne Spieler oder auch ganzer Clans führen. E-Doping stellt jedoch nach wie vor die Ausnahme und nicht die Regel dar. Doch wie wird man auf legalem Weg zum echten Pro-Gamer? Für Alex Müller gibt es nur einen Weg: „Man fällt im Team auf.“ In diesem Sinne: Ran an die Tastatur und Fair Play!