Geheime Verführer und die Ware Medien
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„Es gibt ein Grundprinzip, nach dem sich ein „heißes“ Medium, wie etwa das Radio, von einem „kühlen“, wie es das Telefon ist, oder ein „heißes“, wie etwa der Film, von einem „kühlen“, wie dem Fernsehen, unterscheidet. (...) Heiße Medien verlangen daher nur in geringem Maße persönliche Beteiligung, aber kühle Medien in hohem Grade persönliche Beteiligung oder Vervollständigung durch das Publikum.“

Marshall McLuhan, Heiße Medien und kalte Medien, 1964



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Herr Professor Groebel, wie kalt dürfen Videospiele sein und wann wird es zu heiß für unsere Kinder?

Jo Groebel: Mal abgesehen davon, dass heiße Spielszenen aus der Computerwelt als kühl zu bezeichnen heute ein wenig befremdlich und abgehoben klingt und sich nur aus dem McLuhan-Universum erklärt, ist das Prinzip natürlich zutreffend. Die virtuelle Szenerie lebt ausschließlich vom aktiven Einsatz des Spielers, ohne ihn bleibt sie kalt wie ein Zombie (wir bleiben im Genre). Die Hitze geht also vom Menschen, vom Kinde selbst aus.

Daher sind die schnelle Schuldzuweisung, gar das Verbot bei Dramen wie Erfurt, Emsdetten oder soeben Offenburg zunächst fehl am Platz. Irgendwas hatte schon vorher diese „Hitze“, sprich Verzweiflung und Selbstzweifel erzeugt. Dennoch. Natürlich ist die Spiele„kälte" gleichzeitig so verführerisch angelegt, dass sie nach der Wärmebeschleunigung durch den Sehnenden ruft. Dracula ist kalt, daher braucht er das warme Blut. Vielleicht ist eine neue Begrifflichkeit angesagt. Der vom Kopf her begeisterte Spiele-Entwickler, der sich an Technik und Plot berauscht, könnte die kühle ästhetische Faszination mit der Herzenswärme für eine lebendige Welt verknüpfen. Die Spirale aus immer mehr Tod, immer extremeren Grausamkeiten langweilt irgendwann zu Tode.

Und die weitere Steigerung bleibt eine Beschwörung des Lebens ohne Erlösung. Hitze kann auch die Steigerung von Wärme sein, nicht nur die Reaktion auf Kälte. Konkret. Nichts gegen Action und Gewalt im Spiel als Teil intelligenter Geschichten. Aber als Selbstzweck: nein!


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Zur Person


Prof. Dr. Jo Groebel

Jo Groebel untersucht als Direktor des
Deutschen Digital Instituts die Auswirkungen der digitalisierten Massenmedien und anderer Kommunikationsformen auf Gesellschaft, Markt, Politik und den einzelnen Bürger. Er veröffentlichte Forschungsprojekte zu den Themen Fernsehen, Internet, Aggression und Krieg sowie Terrorismus und war Leiter der UNESCO Global Study on Children and the Media.

 

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