Die
Welt digitaler Spiele
unter rechtlichen Gesichtspunkten
Text:
Jens O. Brelle
Bild:
photocase.com ©
bastografie/Sebastian Thanner
Ein
„Gaming-Recht“ existiert im deutschen Rechtssystem nicht
eigenständig. Es setzt sich vielmehr aus
Softwarevertragsrecht, Lizenzrecht, Urheberrecht, Jugendschutzrecht,
Domainrecht, Titel- und Markenrecht, Wettbewerbsrecht, Werberecht,
Internetrecht, Verbraucherschutzrecht etc. zusammen.
Im Gaming-Recht stehen sich verschiedene Gruppen gegenüber, etwa die Entwickler, die Publisher
und die Nutzer. Jede Gruppe für sich hat
andere Rechte, so dass für jede Gruppe die jeweiligen Rechte eine andere
Rolle spielen.
Gruppe 1: Spiele-Entwickler
Bei den Spiele-Entwicklern kann es sich um Firmen handeln, wie zum Beispiel
Nintendo
–
oder um
Einzelpersonen, wie etwa
Al Lowe oder
Hideo
Kojima handeln. Für die von ihnen entwickelten Werke spielt das Urheberrecht eine
wesentliche Rolle. Grundsätzlich sind Spiele und auch Computerprogramme
immer dann urheberrechtlich geschützt, wenn sie eine eigene geistige
Schöpfung des Urhebers sind. Ideen allein sind nicht schutzfähig. So hat
auch das OLG Köln kürzlich entschieden (OLG Köln, 28.08.2009, Az.: 6 U
225/08). In dem Fall hatte ein Entwickler von Lernspielen für Kinder
geklagt, die in ähnlicher Art und Weise von einem anderen Verlag vertrieben
wurden. Die Richter wiesen die Klage ab, da sie keinen urheberrechtlichen
Unterlassungsanspruch aus § 97 I S. 1 UrhG sahen. Außerdem ist die Idee als
formaler und/oder inhaltlicher Teil des Lernspiels an sich nicht
schutzfähig.
Träger von Urheberrechten können jedoch nur natürliche Personen sein. Im
Urhebergesetz selbst können zwar eine Reihe von Werkarten gefunden werden; Video-
und Computerspiele wird man dort aber vergeblich suchen. Grund dafür ist, dass
Video- und Computerspiele nicht eindeutig kategorisierbar sind. Zum Teil
enthalten sie Werke der Literatur, Kunst und Wissenschaft, aber auch
Filmwerke, Tonwerke und Software. All diese Komponenten sind durch das
Urhebergesetz geschützt. Auch heute noch streitet man sich um den
tatsächlichen urheberrechtlichen Schutz.
Gruppe 2: Publisher
Bei der Zusammenarbeit von Spiele-Entwicklern und Publishern stellt sich oft
die Frage, wem die Urheberrechte an den entwickelten Spielen gehören. Oft
werden die Rechte vertraglich an den Publisher übertragen. Dabei spielt es
meist keine Rolle, ob es sich um Angestellte oder freie Mitarbeiter handelt.
In § 69 b UrhG findet man sogar den Passus, dass dem Arbeitgeber
die Ausübung aller vermögensrechtlichen Befugnisse an einem Computerprogramm
zustehen, das ein Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses
geschaffen hat. Publisher müssen sich aber auch mit Lizenzen auseinandersetzen, z. B. mit Musiklizenzen, denn in
den meisten Spielen werden auch
Musikwerke anderer Künstler verwendet. So kam es im vergangenen Jahr zu
einem Konflikt zwischen Warner Music und Activision Blizzard wegen der Erhöhung
von Lizenzgebühren. Warner Music war der Ansicht, dass die Verwendung der
Musikstücke den Verkauf der Spiele positiv beeinflusse. Activision Blizzard
drehte den Spieß um und verwies auf den 34 Jahre alten Aerosmith-Klassiker „Same old Song and Dance“, dessen Verkauf nach dem Erscheinen des
Spiels „Guitar Hero“ um 446 Prozent gestiegen war.
Auch gegenüber den Nutzern sichern sich Spiele-Publisher zumeist die gesamten Rechte an den Spielen. Meist geschieht das nach dem
EULA, dem End User License Agreement (Endbenutzer-Lizenzvertrag). Der Nutzer muss beim Kauf des Spiels
auf diese Lizenzvereinbarung hingewiesen werden. Meist geschieht das durch
einen gut sichtbaren Hinweis auf der Verpackung. Jedoch kann die Wirksamkeit
dieser Geschäftsbedingung stark eingeschränkt werden. Für den Nutzer
bedeutet EULA, dass der Spiele-Publisher alle Rechte an denen im Spiel
vorkommenden Figuren, Objekten usw. hält. Zwar ist es den Nutzern erlaubt,
Figuren für nicht-kommerzielle Zwecke weiterzuentwickeln oder zu verändern,
der Publisher hat hier jedoch das letzte Wort und kann dem Nutzer die
Verwendung untersagen.
Gruppe 3: Nutzer
Für Nutzer von PC- und Computerspielen stellt sich die Frage des
Urheberrechts seltener. Auch wenn Spiele ohne große Hürden kopiert und illegal
verbreitet werden können, ist in der Vergangenheit eher der Jugendschutz in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Fast drei
Viertel der Deutschen
Haushalte verfügten im Jahr 2008 über einen Computer. Hinzu kommen noch
diverse Spielekonsolen, wie die Playstation 3 von Sony oder die Wii von Nintendo.
Durch letztere haben auch vermehrt die über 35-Jährigen (wieder) zum Spielen
gefunden. Insbesondere nach Amokläufen durch jugendliche Täter sind in der
Vergangenheit häufig öffentliche Diskussionen entbrannt, die Computerspiele
für die Motive und das Verhalten des Täters verantwortlich machen.
Natürlich spielt auch die Politik in der Debatte eine Rolle. So wollte die
ehemalige Familienministerin Ursula von der Leyen nach dem Amoklauf von
Emsdetten ein gesetzliches Verbot für die in der öffentlichen Diskussion
häufig so bezeichneten "Killerspiele" durchsetzen. Die Grünen wiederum
lehnen ein solch striktes Verbot jedoch ab und halten das Thema
Onlinespielsucht für wichtiger. Ob es tatsächlich eines Tages zu einem
Verbot kommen wird, ist nach wie vor fraglich. Von der Leyen konnte sich
2008 mit einer Verschärfung des Jugendschutzrechtes durchsetzen.
Kindern und Jugendlichen soll somit der Zugang zu gewaltverherrlichenden
Spielen erschwert werden. Altershinweise sind seitdem vergrößert auf den
Verpackungen angebracht. Außerdem ist es verboten, Kindern und Jugendlichen
entsprechend eingestufte Spiele zu verkaufen. Spiele die auf dem Index gelandet sind, dürfen
zudem nicht mehr beworben werden. Ob die Maßnahmen fruchten ist jedoch fraglich,
denn empfindliche Bußgelder wurden nicht verhängt und Tests zeigten, dass
Kinder und Jugendliche noch immer leicht an diese Spiele herankommen. |
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Ausgabe 59
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Der Autor
Jens O. Brelle
Rechtsanwalt
Geboren am 15. November 1968. Hamburger Medienanwalt. Seit 2004 freier Dozent am Institut für Kultur-
und Medienmanagement, Hamburg. Seit 2003 Rechtsdozent an der Akademie Mode
und Design GmbH (AMD), Hamburg. Seit 2003 Contributor beim M-109 Network
"M-Publication", Frankfurt. Seit 2000 Rechts- und Medienanwalt, Hamburg &
Berlin. Die Kanzlei betreut kreative und gestalterisch tätige Unternehmer.
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RA Jens O. Brelle
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