OLYMPIA VOR 44 JAHREN
Gold-Heidi
gewinnt im Florett-Fechten
TEXT:
MARION
BUK-KLUGER
BILD: PHOTOCASE.DE
„Ich sollte
anlässlich meines Olympiasieges einen VW Bus als Geschenk von einer
begeisterten Augsburger Familie bekommen. Das kam aber nicht in Frage und so
erhielt mein Verein den Bus.“ erzählt Heidi Grundmann-Schmid schmunzelnd,
aber ohne den geringsten Anflug von Bedauern. Das sei eben zu ihrer Zeit so
gewesen.
Auch Werbe-Angebote für die junge Olympiasiegerin gab es, so sollte sie für eine Seife
posieren und in einem Krimi
mitspielen. „Mein Vater lehnte alle Angebote ab.
Der Amateurgedanke stand über allem, das war damals fast übertrieben. Aber
es ging auch um das Ehrgefühl und womöglich wäre man aus dem Verband
ausgeschlossen worden, hätte man die Amateurregeln verletzt. Außerdem war
ich zu schüchtern. Es war eben nicht üblich, als Amateur mit sportlichen
Erfolgen Geld zu verdienen“, erzählt die Goldmedaillensiegerin, die sogar
ganz offiziell beim Fechterbund anfragte, ob ein Bild von ihr in einem
Münchner Friseurgeschäft ausgestellt werden dürfe, dessen Inhaber
–
ein Freund
ihres Mannes
–
ihre Hochzeitsfrisur
gemacht hatte. Und dies obwohl kein Geld im Spiel war.
Auf die Frage, ob sie den Umstand nicht bedauere, ihren Erfolg nicht
in kommerzieller Hinsicht vermarktet zu haben, schüttelt sie den Kopf.
„Früher war der Druck auf die Sportler nicht so groß, man war nur sich
selber und womöglich noch seinen Eltern verantwortlich, keinen Sponsoren
wie heute.“ Obwohl gerade in ihrer Sportart
–
auch in den Jahren danach
– nur
wenige
tatsächlich auch in wirtschaftlicher
Hinsicht Erfolge mit Werbung verbuchen konnten.
Überhaupt sei Fechten eine Sportart, die sich allgemein schwer vermarkten
lässt. Das läge wohl auch an der überaus intensiven Technik und der
Schnelligkeit. „Man versucht jetzt allerdings die Sportart optisch besser ins Licht zu
rücken und den Austragungsmodus spannender zu machen. Fechten soll für die
Fernsehberichterstattung attraktiver werden.“ berichtet Heidi
Grundmann-Schmid. Masken mit Durchsicht, um die Mimik des Sportlers während
des Kampfes zu zeigen, Zeitlupenaufnahmen und Erklärungen zu den Regeln
sollen dies bewirken.
Über die Fechter und deren Abschneiden in Athen wurde natürlich berichtet,
immerhin holte die Herrendegen-Mannschaft gegen Weltmeister Russland Bronze,
aber Sätze wie: “Nach fünf Mal Edelmetall 2000 in Sydney verliefen die
Spiele in Athen für die einstigen Medaillen-Garanten enttäuschend
[...], doch ist
das schlechteste Abschneiden bei einer internationalen Meisterschaft seit
Olympia 1996 (nur ein Mal Bronze) Negativ-Werbung für die ohnehin unter
rückläufigem Medien- und Sponsoreninteresse leidende Sportart.“ (dpa vom 22.08.2004) zeigen, wie sehr Erfolg in einer von
Marketing geprägten Sportwelt das Interesse für eine Sportart beherrscht.
Zur großen Zeit von Heidi Grundmann-Schmid
stand der gesellschaftliche
Aspekt einer Meisterschaft noch weitaus mehr Vordergrund: „Früher waren wir das ganze Wochenende an den Orten der
deutschen oder bayerischen Turniere. Da wurde abends getanzt, es war
geselliger. Sicher sind heutzutage mehr Turniere, aber jeder fährt hin und
sofort wieder heim.“ Auch bei internationalen Turnieren, glaubt die
erfolgreiche Fechterin, habe sich vieles geändert, so hätte man damals bei
der Olympiade in Mexiko kulturelle Angebote wahrgenommen, Museen und
Indianerreservate besucht. „Heute ist das schwieriger, die Sportler müssen
sich aufgrund des Drucks stark konzentrieren und besitzen auch nicht mehr
das Privatleben wie wir es in unserer aktiven Zeit hatten.“
Veränderungen sind laut Heidi Grundmann-Schmid in ihrem Sport national darin
zu sehen, „dass früher Vereine wie der TSV Schwaben große Erfolge für sich
verbuchen konnten, heute müssen die talentierten Nachwuchssportler in die
großen Zentren.“ Die gab es früher zwar auch, aber heute haben die kleinen
Vereine keine Chance, die Sportler zu halten. Für „Gold-Heidi“ war es „sowieso mehr Fechtkunst in meinen Zeiten, heute
steht das Kämpfen, mehr im Vordergrund, die Bewegung ist automatisierter!“
Außerdem habe auch der Druck der Zuschauer zugenommen, die
Siege gerne für sich selbst verbuchen („Wir haben gewonnen!“),
sich bei Niederlagen aber zügig distanzieren („Der/die hat verloren!“). |
AUSGABE 39
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