Handtaschenfreundlich
Text:
Manuela Rüther
Bild:
Photocase.de
Die Überschriften
sind kurz und bunt. Schuhe! Make Up! Sex!
Das sind nur einige der
wichtigen Themen, die
immer wieder auf den Titelseiten der Frauenmagazine vorkommen.
Eng geworden ist es im Regal.
Immer mehr Frauenmagazine machen sich gegenseitig Konkurrenz, liefern
sich Wettkämpfe um Inhalte und Preise. Billiger und bunter sind sie
insgesamt geworden. Besser bestimmt nicht.
Dabei versprechen die Titelblätter einiges. Die neue „Amica“ zum
Beispiel. Heute im Angebot: „100 Top Single-Männer. Von Alexander
Klaws über Lionel Richie bis zu den GZSZ-Stars“.
Aber das ist noch nicht alles, was
die großen Buchstaben auf dem Titel verraten.
Weiter erfahren wir: Zum Glück sind unter den angebotenen Single-Männern
auch noch „die Romantiker, die Anwälte, die
Frauenversteher, die Naturburschen, die Sportler, die
Models“. Und natürlich die „Überraschungsmänner“. In jedem
siebten Ei wahrscheinlich. Wenn das mal nicht viel versprechend ist
und die Blicke der potenziellen Käuferinnen schon
durch den Titel in ihren Bann zieht.
Der Titel ist wichtig. Dabei sorgt das
immer undurchsichtiger werdende
Angebot von verschiedenen bunten Blättern für Reizüberflutung. Vorbei die
Zeiten, in denen man einer neuen Frauenzeitschrift
einfach einen Frauennamen gab: „Brigitte“ oder
„Petra“ zum Beispiel. Aber mal ehrlich, wer würde sich
auf eine neue Zeitschrift stürzen, weil sie „Katharina“ oder „Sarah“
heißt? Katharina und Sarah wohnen nebenan, Titel wie „Young“, „Flash“
oder „Shop and Style“ versprechen dagegen ein
aufregendes
und abwechslungsreiches Leben. Aber ist es das, was
Frauen zum Kauf einer
solchen Zeitschrift bewegt?
Zurück zur „Amica“, der italienischen Freundin aus dem
Milchstraßen-Verlag. Irgendwas muss vorgehen in unserer Psyche in
diesem Moment vor dem Zeitschriftenregal.
"Kauf mich,
hier erfährst du, wie du schön, schlank und sexy
wirst.“ Oder vielleicht auch, wie man das
Single-Dasein beendet. Das war ja schließlich das Titelthema der
Zeitschrift. In diesem Heft gibt es indirekt die Handy-Nummern der
genannten Männer. Sehr indirekt. Für 99 Cent pro SMS kann man Kontakt
aufnehmen. Das Ganze erinnert also ein wenig an nervtötende Reklamen
von „ZED“
und an das tanzende Nilpferd aus dem Jamba-Monatspaket.
Und für die Zukünftigen von
DSDS-Teilnehmern und
GZSZ-Jungs gibt es dann auf Seite 256 auch gleich die
passende Gebrauchsanweisung. Für mehr Spaß im Bett.
„Sex mit Männern: So geht’s!“, steht dort in großen
Buchstaben. Außerdem erfährt man in diesem Heft noch, wie man sich mit
minimalem Aufwand maximal schminkt und wie man endlich die „genial
schöne Haut“ bekommt. Das alles auf 278 Seiten. Im XXL-Format
immerhin. Und damit schwimmt „Amica“ – zumindest was
die äußere Aufmachung angeht – gegen den Strom.
Denn eigentlich ging der Trend vor
ein paar Jahren noch zum handtaschenfreundlichen Pocket-Format.
Das war zumindest bei „Glamour“ so. „Glamour“ ist eine Zeitschrift aus
dem Verlag Condé-Nast, die den Markt seit ihrer Einführung 2001
umgekrempelt hat. Das handtaschenfreundliche Taschenformat, die
vielen kurzen Texte und die bunten Bilder schienen
vor allem bei jungen Leserinnen anzukommen. „Glamour“
führte die Hitliste der Frauenzeitschriften an. Und
wurde wenig später erfolgreich kopiert von „Joy“ aus
dem Hause Marquard. Mittlerweile gibt es kaum einen Verlag,
der nicht einen jüngeren und noch
frecheren
Titel wie „Glamour“ ins Rennen geschickt hat. So
machte Springer mit dem neuen Heft „Jolie“ der
90er-Jahre Erfindung „Allegra“ Konkurrenz. Für jene
kam diesen Sommer das Aus. Waren die Texte vielleicht doch zu lang, die
Inhalte nicht oberflächlich genug? Die Mehrheit der
Käuferinnen schien sich nicht mehr von guten Reportagen und
anspruchsvollem Layout begeistern zu lassen.
Deshalb: bis auf wenige
Ausnahmen – wie die „Brigitte“ und die der eingestellten „Allegra“
sehr stark ähnelnden „Maxi“ – ist der Trend
offensichtlich. Insgesamt werden die Hefte kleiner
und bunter. Texte so kurz wie Bildunterschriften,
lange Reportagen sind kalter Kaffee. Die Frau von heute will schließlich
blättern. Und nicht lesen! |
AUSGABE 40
NEUER JOURNALISMUS?
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