Sein Aufgabengebiet ist die Öffentlichkeitsarbeit. Er organisiert
Promotion-Events, Tourauftritte und steuert Werbemaßnahmen.
Als zweites wäre da Carsten Lukas. Er ist durch seine Tätigkeit als
Freelancer im Bereich Multimedia und Design für den visuellen Auftritt des
Labels verantwortlich. Sein Aufgabengebiet erstreckt sich von der Kreation
der Corporate Identity über die Entwicklung der Marketing- und
Promotionaktionen mit den dazugehörigen Werbemitteln (wie
zum Beispiel E-Mail-Header, Werbebanner, Promotion- und Tourflyer,
usw.), bis hin zur Kreation der CD- und Schallplatten-Layouts. Neben den
genannten Aufgaben ist er außerdem noch DJ und für unsere gesamte
Internetpräsenz
verantwortlich.
Der Dritte im Bunde bin ich und etwa seit zehn Jahren als DJ und
Produzent tätig. In dieser Zeit konnte ich eine Vielzahl von Kontakten im
gesamten Musikbereich knüpfen. Nach einem Jahrzehnt Erfahrung entwickelt
sich dann irgendwie ein Gespür für die Wünsche der Zuhörer und Musikfans.
Meine Hauptaufgabe bezogen auf das Label ergibt sich daraus. Im Bereich A&R
(Artist&Repertoire) pflege ich den Kontakt zu anderen Künstlern und Bands,
sichte ihre Musik beziehungsweise Demoaufnahmen und wähle anschließend Songs und
Künstler aus, die wir auf unserem Label veröffentlichen und fördern. Die
ausgewählte Musik baue ich dann in meine DJ-Sets ein und wir als Label
vereinbaren Promotion Events mit Veranstaltern. Zusätzlich produziere ich
auch meine eigenen Songs, die ebenfalls über das
Label promoted werden. Innerhalb unserer
unterschiedlichen Aufgabengebiete überschneidet sich unsere Arbeit sehr
häufig. So kann der Grafiker zum Beispiel natürlich nicht ohne den Input des A&R-
oder PR-Verantwortlichen arbeiten. Deswegen ist es äußerst wichtig, trotz
verschiedener Wohnorte, täglich in engem Kontakt zu stehen und jeden Schritt
sorgfältig abzustimmen.
Die Gegenwart: Warum haben Sie ein solches Label
gegründet?
Sebastian
Wolters: Wir haben durch unsere
langjährige Arbeit im Musikgeschäft immer wieder Künstler kennen gelernt,
deren qualitativ hochwertige Musik im globalen Musikdschungel untergeht und
die keine Chance bekommt, veröffentlicht zu werden. Daraus resultierte für uns,
eine Plattform für diese Künstler zu bilden und unsere Vision von Musik zu
verwirklichen. Zusätzlich muss ich auch eingestehen, dass wir alle zusammen
einen riesigen Spaß bei der Arbeit haben und davon träumen unser Hobby zum
Beruf werden zu lassen. Dieser Traum ist Ansporn genug, uns dafür Tage,
Nächte und Wochenenden um die Ohren zu schlagen.
Die Gegenwart: Sie sind DJ,
Producer und Labelinhaber. Vorzugsweise setzen Sie sich mit der
Musikrichtung „Soulful Drum & Bass“ auseinander. Können Sie uns erklären,
was man unter diesem Musikgenre verstehen kann?
Sebastian
Wolters:
Drum&Bass
hat seinen Ursprung in den frühen 90ern und entstand in Großbritannien aus
der damaligen elektronischen Acid-House-Bewegung. Hinzu kamen diverse
Einflüsse aus anderen Musikbereichen wie zum Beispiel
Reggae, Dancehall, Hardcore
und Techno. Mitte bis Ende der 90er war dieser musikalische Melting Pot dann
unter der Bezeichnung „Jungle“ bekannt. Die Musik entwickelte sich stetig
weiter und nahm Ende der Neunziger weitere Einflüsse wie zum
Beispiel R&B, HipHop,
Jazz, Funk & Soul in sich auf. So war dann eine sehr große Facette von
Musikrichtungen vereint. Diese große Bandbreite von Einfluss nehmenden
Musikrichtungen führte dazu, dass sich „Drum & Bass“, der Begriff unter dem
die Musik mittlerweile zusammengefasst wurde, zwangsläufig in vielen
unterschiedlichen Subgenres weiterentwickelte. Unser eigener Ursprung liegt
ebenfalls bei den Genres Soul, Funk, R&B. Deswegen kam uns die Entwicklung
des Genres „Soulful Drum & Bass“ sehr gelegen. Wie der Name andeutet, kann
man sich darunter eine Verschmelzung von Soul-, Funk- und Jazz-Elementen mit
der elektronischen Musik Drum & Bass vorstellen. Die Geschwindigkeit dieser
Musik liegt bei einem Songtempo zwischen 170 und 180bpm (beats per minute).
Für Außenstehende eigentlich sehr schwer zu beschreiben. Deswegen
präsentieren wir auf unserer Internetpräsenz eine interessante Auswahl von
Hörbeispielen und
Mixes.
Die Gegenwart: Soul-, Funk- und Jazz-Elemente bei
180 bpm. Diese verbunden mit Elementen der elektronischen Musik. Wie kann
das eigentlich zusammen passen?
Sebastian
Wolters: Zunächst einmal möchte ich
keine negativen Eindrücke mit meiner Darstellung erwecken. Um
Missverständnissen vorzubeugen: Man darf es sich nicht so vorstellen, als
wäre es Funk, Soul oder Jazz in doppelter Geschwindigkeit. Den musikalischen
Grundstein bildet weiterhin Drum&Bass. Diese elektronische Form von Musik
basiert auf Drums und Bässen bei 170 bzw. 180 bpm. Der Ursprung liegt wie
eingangs schon erwähnt im Jungle. Diese abstrakte Form von Musik lässt sich
wirklich schwer in Worten ausdrücken. Deswegen präsentieren wir auch
Hörproben für die Besucher unserer Internetseite. Das Ohr ist hier der beste
Lehrer. Die von Ihnen angesprochenen Elemente werden keinesfalls aus ihrer
bestehenden Form oder Geschwindigkeit herausgerissen. Sie werden nahezu in
Originalgeschwindigkeit in die elektronische Produktion integriert. Diesen
Vorgang nennt man „Sampling“. Er wird in fast jeder elektronischen
Musikproduktion angewendet.
Die Gegenwart: Vielleicht erklären Sie uns
trotzdem mal kurz in Worten, wie man sich die Produktion eines Tracks (Song)
vorstellen kann.
Sebastian
Wolters: Eine Produktion läuft
natürlich bei fast jedem Produzenten individuell ab. Jeder entwickelt für
sich ein Gefühl, wie er am Besten zu gewünschten Ergebnissen gelangt.
Grundlegend ist zu erklären, dass elektronische Musik in der heutigen Zeit
fast ausschließlich am PC produziert wird. Die dazu benötigte Software ist
mittlerweile so weit entwickelt, dass fast jedes real existierende
Instrument von einem Softwaretool eins zu eins abgebildet werden kann. Anders
ausgedrückt kann eigentlich von jedem Instrument der Originalsound am
Rechner erzeugt werden. Zusammengestellt und arrangiert werden die Songs in
einem so genannten Sequencer-Programm. Auch hier gibt es verschiedene
Möglichkeiten, abhängig von der Rechnerplattform und den finanziellen
Möglichkeiten. Die am weitesten verbreiteten Sequencer sind Steinbergs
Cubase und Apples Logic. Auch bei der Auswahl des richtigen Sequencers
spielen wie beim gesamten Produktionsvorgang die persönlichen Erfahrungen
eines jeden Produzenten eine wichtige Rolle. Jeder benutzt das Programm,
welches ihm am besten liegt und beim Sound beste Ergebnis erzielt. Nun zum
eigentlichen Produktionsvorgang:
Es
gibt Produzenten, die bereits vor dem ersten Handgriff ein komplexes Bild
des angestrebten Songs im Kopf haben. Ich baue einen Song immer um eine
Grundidee herum auf. So eine Idee kann beispielsweise ein gespielter Rhodes
Piano Akkord, ein Gitarren-Loop oder eine Vocal-Line sein. Diese Idee
entwickelt sich dann meist zum Hauptthema meines Songs. Um diese Idee herum
fange ich dann im nächsten Schritt an, den Beat
beziehungsweise die Drums zu bauen. Wie
der Name Drum&Bass schon sagt, spielen die Drums hier eine sehr wichtige
Rolle. Sie entscheiden meist darüber, ob ein Stück ernst genommen wird oder
nicht und bilden die Grundcharakteristik eines Songs. In diesen Schritt
investiere ich meist einen Großteil der Produktionszeit. Anschließend werden
Bässe eingespielt, die mit dem gefundenen Hauptthema harmonieren. Hier ist
noch anzumerken, dass auch ein Bass das eigentliche Hauptthema sein kann.
Danach folgt das Integrieren von kleinen Feinheiten wie Effekt-Sounds etc.
Sind soweit alle Sounds gefunden, wird der Song arrangiert. Er besteht meist
aus einem Intropart, (wo sich der Song langsam aufbaut und steigert) einem
Hauptpart (wo alle Instrumente und Sounds untergebracht sind) und dem Outro
(wo sich der Song wieder abbaut). Dies ist auch im Hinblick auf das
Einsatzgebiet der Songs wichtig. Drum&Bass ist hauptsächlich Clubmusik. DJs verwenden die Songs in so genannten Sets und mixen sie ohne Pause
ineinander. Auf diesen Aspekt lege ich sehr viel Wert in meinen
Produktionen. Ist ein Song bei den DJs im Club nicht anerkannt, wird es
schwer sein, hierfür eine breite Käuferschicht zu finden, denn in unserer
Szene bilden die DJs einen Großteil dieser Schicht.
Ist
das Arrangement komplett, höre ich mir den gesamten Song an. Dabei ist es
mir wichtig, dass das Gesamtsoundbild stimmt, welches ich erzeugen möchte.
In diesem Arbeitsabschnitt werden meist nur noch Feinjustierungen und
Änderungen vorgenommen. Wenn dann alles stimmt wird der Song abgemischt,
sprich in klangtechnisches Gleichgewicht gebracht. Es ist dabei besonders
wichtig, dass alle verwendeten Sounds von Lautstarke und Klangbild homogen
sind und trotzdem jeder einzelne Sound seine angepeilte Wirkung erzielt. Ist
dies erreicht, folgt abschließend der Schritt des Masterings. Hier wird der
gesamte Song durch verschiedene Softwaregeräte geschickt, um ihm den letzten
Schliff und zusätzlich Kraft zu verleihen. Dieser Schritt erfolgt in vielen
Fällen jedoch erst kurz vor der Vinyl- oder CD-Produktion im Presswerk.
Dieses letzte Thema ist eine Wissenschaft für sich und wird meist von
professionellen Tontechnikern durchgeführt, quasi als letzte
Qualitätskontrolle vor der Produktion.
Die Gegenwart: Wie vermarkten Sie den Song nach der
Fertigstellung. Nicht jeder wird doch auf Vinyl gepresst, oder?
Sebastian
Wolters: Auch hier gibt es eine
Vielzahl von Möglichkeiten. Aufgrund der neuen Medien sind die Absatzzahlen
im Bereich CD drastisch gesunken. Es ist fast unmöglich geworden, die
entstandenen Kosten (Produktionskosten, Marketingmaßnahmen etc) durch
Verkäufe zu decken. Im Bereich Vinyl ist der Absatz nicht ganz so stark
zurückgegangen. Da dieses Medium unter den DJs nach wie vor das Beliebteste
ist, können hier noch relativ ordentliche Absätze erzielt werden. Aber auch
in diesem Bereich hat die Internetpiraterie Einfluss auf die Absatzzahlen.
Ganz klar ist aber auch, dass wir uns nicht vor den neuen Medien
verschließen. Sie können ebenso den Bekanntheitsgrad eines Songs steigern.
Reicht die Qualität eines Songs nicht aus, um auf CD oder Vinyl gepresst zu
werden, nutzen wir das Internet, um Songs zu verbreiten. So wird es in naher
Zukunft auf unserer Internetseite kostenlose Musikdownloads geben, um
einfach den Bekanntheitsgrad der entsprechenden Künstler zu erhöhen und ihre
Musik, die sonst wahrscheinlich im Rechner verstaubt wäre, einer breiten
Masse zugänglich zu machen. Bei allen Aspekten des Vermarktens von Musik
haben wir uns von vornherein nicht das Ziel gesteckt, mit dem Verkauf von
Vinyl und CDs unser komplettes Label zu finanzieren. Dies ist in der
heutigen Zeit auch im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage in der
Musikindustrie ein fast unrealistisches Vorhaben. Bei uns spielt der
Live-Musik-Faktor eine sehr große Rolle. Wir sehen den Verkauf von Einheiten
(Songs) eigentlich eher als eine erweiterte Promotion-Maßnahme für unsere
Künstler, die in den meisten Fällen neben dem Produzenten-Dasein auch als
DJs bzw. Live-Acts tätig sind. In diesem Bereich besteht nach wie vor eine
stetige Nachfrage, die von den Entwicklungen des Internets weitestgehend
unberührt geblieben ist. In Clubs, Diskotheken oder auf Konzerten wird immer
„frische Musik“ nachgefragt werden. Diese Nachfrage bedienen wir durch die
Gründung unseres Labels „Phunkfiction Recordings“.
Die Gegenwart: . Wie in jeder Szene gibt es
bestimmt auch beim Genre „Drum & Bass“ Netzwerke. Wie wichtig ist das
Internet für Ihre tägliche Arbeit?
Sebastian
Wolters: Eine relativ unbekannte
Musikrichtung wie Drum&Bass lebt von einem bestehenden, gesunden Netzwerk
beziehungsweise von mehreren Netzwerken. Ohne den täglichen Austausch von Informationen und
Musik wäre unsere Arbeit nicht zu bewältigen. Wir müssen jederzeit das Ohr
aus allen Blickwinkeln ganz nah an der Szene haben (Veranstalter, andere
Labels, Partygänger, Plattenkäufer, Künstler, Medien und so
weiter). Aus diesem Grund ist das Internet ein absolutes Muss für
unsere täglichen Aktivitäten. Bei uns findet mittlerweile circa
80 bis 90 Prozent der Kommunikation mit Partnern über das
Medium Internet statt. In Zeiten von Real-Time-Messaging und
Real-Time-Dateiaustausch über Messenger wie AIM oder ICQ kommt man am
Internet gar nicht mehr vorbei. Der größte Vorteil dabei ist, möglichst
zeitnah und kostengünstig mit allen Teilen der Welt zu kommunizieren und zu
arbeiten. Wie schon erwähnt, gerade bei unserer relativ kleinen Musikszene
sind die Kontakte auf dem gesamten Globus keine Ausnahme mehr. Umso
wichtiger ist es, diese täglich zu pflegen und auszubauen.
Die Gegenwart: Also würden Sie mir generell
zustimmen, dass die Entwicklung des Internets mit seinen technischen
Komponenten die Basis für die positive Entwicklung und Ausbreitung des
Musikgenres „Drum&Bass“ bildet?
Sebastian
Wolters: Das Internet hat im gesamten
Kontext betrachtet sowohl eine positive als auch eine negative Seite auf die
Entwicklung von Drum & Bass. Wie Sie schon richtig feststellten, ist dem
Internet selbstverständlich eine rasante Verbreitung dieser Musik in alle
Himmelsrichtungen zu verdanken. Jedoch ist diese Entwicklung für die Labels
eher kritisch zu betrachten. Die Internetpiraterie macht auch vor unserer
Musikrichtung nicht Halt. Die daraus resultierende Folge ist wie bei den
Major Labels ein sinkender Absatz. Dieses Szenario stellt jedoch für die
Zukunft eine sehr interessante Herausforderung für uns dar. Letztendlich ist
aber festzuhalten, dass für unsere Ziele die Entwicklung des Mediums
Internet eindeutig positiv zu bewerten ist.
Die Gegenwart: Der Gedanke Marshall McLuhans vom
„Global Village“ ermöglicht es Ihnen also, Ihre Vorstellung von Soulful Drum&Bass in die weite Welt hinaus zu tragen?
Sebastian
Wolters: Über das Internet pflegen
wir weltweite Kontakte mit der Szene. Dadurch wird unsere Musik mittlerweile
von Menschen rund um den Globus gehört und gespielt, u.a. in den USA,
Australien, Brasilien, Russland, England, Niederlande, Ungarn, Frankreich,
Norwegen, Schweden, Dänemark und so weiter.
Die Gegenwart: Anfänglich haben Sie uns erklärt
wo die Ursprünge des „Drum&Bass“ liegen. Diese Musik entwickelt sich ja
rasant schnell weiter und es bilden sich immer neue Subgenres. Was können
wir als nächstes erwarten?
Sebastian
Wolters: Drum&Bass wird immer neuen
Einflüssen unterliegen, jedoch gleichzeitig auch in seinen bestehenden
Genres weiter wachsen. Der Sound wird immer weiter verfeinert werden.
Beispielsweise wird sich das Genre Soulful Drum & Bass (mit Einflüssen aus
Jazz, Soul, R&B…) von den restlichen Facetten des Drum&Bass immer weiter
absetzen. Hier wird sich über kurz oder lang eine eigene Szene bilden. An
dieser Entwicklung möchten wir natürlich konstruktiv teilhaben und
vielleicht im Nachhinein eine Vorreiterrolle einnehmen. Eine ganze Menge
Arbeit, die wir aber mit höchster Freude und Motivation angehen werden.
Die Gegenwart: Und was wünschen Sie sich für ihr
Label „Phunkfiction“ in der Zukunft?
Sebastian
Wolters: Einen anerkannten Platz im
Musikgeschäft mit einem Pool von engagierten, talentierten Künstlern und
die regelmäßige Veröffentlichung von qualitativer Musik auf dem höchsten
Level. |