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usgabe 55
Achtung: Aufmerksamkeit




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Editorial von Björn Brückerhoff
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Interview mit Markus Langer

Rampenfest in Oberpfaffelbachen
Film: The Ramp

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Presse
 

Rampenfest in Oberpfaffelbachen:
BMW schießt einen Einser ins Web 2.0

Wie beendet man eine virale Kampagne, wenn die Nutzer nicht mitmachen?

Text: Björn Brückerhoff    Bild/Video: BMW  

 

"The Ramp" ist ein Film über eine 454 Meter hohe und 1,3 Kilometer lange Rampe, die die Bewohner des bayerischen Dorfes Oberpfaffelbachen errichtet haben. Sie wollen damit einen BMW der Einser-Reihe mit viel Anlauf nach Amerika schießen.

Der Amerikaner Jeff Schultz, der während einer Zugfahrt durch Bayern die gewaltige Anlage entdeckt, steigt aus Neugier kurzerhand in Oberpfaffelbachen aus. Dort trifft er sich mit den Dorfoberen, allesamt schräge Vögel. Einer von ihnen, Franz Brendl, Betreiber einer PR-Agentur und eine Art Vater der Rampe, zeigt Schultz schließlich eine Präsentation, die das Vorhaben veranschaulicht. Der Flug des Einser nach San Franzisko soll BMW hohe Absätze bescheren. Aber Brendl hat vor allem den Tourismus im Sinn. Vom Hinterwäldlernest soll Oberpfaffelbachen zum Standort eines Weltwunders avancieren. Die Freiheitsstatue (93 Meter Höhe), die Brendl  nicht ganz maßstabgerecht zum Vergleich in seine Präsentation gemalt hat, sieht neben der Rampe wie ein Dominostein aus.

Im Film lernen wir alle kennen, die in Oberpfaffelbachen etwas zu sagen haben: Dorfpfarrer Theo Kattelbacher, Bürgermeister Loisl Eder, Rampenkonstrukteur Hans Unterholzner und Schorsch Pfaffelbichler, der die Flügel für den Einser entworfen hat und eigentlich Physiklehrer zu sein scheint. Alle hegen große Hoffnungen, schließlich ist die Rampe für die Ewigkeit gebaut. Auch das Merchandisinggeschäft des Dorfes ist längst angelaufen. Die Bäckerei verkauft Rampenkuchen und Rampenbretzeln. Im Souvenirshop liegen bedruckte Rampenteller, Rampentassen, T-Shirts und Mützen mit Rampenmotiven bereit für die Millionen Touristen, die das Spektakel anziehen soll.

The Ramp als Aufmacher einer viralen Kampagne

Natürlich ist alles erfunden. "The Ramp" ist Teil einer geschickten Werbekampagne des Automobilherstellers BMW. Losgelöst von sonstigen Kampagnen für die Stufenheck-Variante des Einser-BMW soll die Kampagne offenbar Aufmerksamkeit in Zielgruppen schaffen, die gut über das Internet erreicht werden können (und eventuell weniger fernsehen). Dass die Story um die Rampe erfunden ist, daran besteht zwar mit der ersten Minute von "The Ramp" kein Zweifel. Doch der Film markiert in der Strategie lediglich den Aufhänger einer viralen Kampagne mit viel Liebe zum Detail.

Der BMW, dessen Bezeichnung übrigens von den Dorfbewohnern als einziges Wort korrekt ausgesprochen wird, spielt dabei zunächst auch nur eine Nebenrolle. Jeff Schultz dagegen, der amerikanische Filmemacher, hat ein eigenes
Weblog, ein Profil in der Social-Networking-Plattform Facebook (inzwischen eine Werbeseite für den Film), Accounts bei Flickr und del.icio.us. Auch bei Youtube und Vimeo ist er zu finden.

Das Dorf Oberpfaffelbachen präsentiert sich der Weltöffentlichkeit auf einer eigenen
Website (Achtung zünftige Musikuntermalung), die weitaus besser aussieht als vergleichbare Originale und sogar mit einer wortkargen Videobotschaft des Bürgermeisters aufwartet. Bei Youtube kursieren zudem Fragmente des Films, beispielsweise verwackelte Aufnahmen aus einem Zugfenster ("huge ramp from train in Germany"), die die Rampe neben einem vergleichsweise winzigen Kirchturm zeigen und ziemlich echt aussehen. Genug Raum für Spekulationen bieten sie allemal.


Die Geister, die ich rief

BMW ist nicht der erste Konzern, der über die Nutzung von Social Media-Diensten versucht, Aufmerksamkeit für seine Produkte und Konzernmarken zu schaffen. Smart hat kürzlich mit der fiktiven Automarke
Cin King eine ähnliche Strategie verfolgt, die mit abstrusen Automobilen für Verwirrung gesorgt hat. Auch Volkswagen hatte virales Marketing bereits mit dem Blog von Hape Kerkelings Kunstfigur Horst Schlämmer ausprobiert. In den Videoepisoden um Kerkelings alter ego Horst Schlämmer aus Grevenbroich fiel die doch recht penetrante Präsenz des VW-Modells Golf schnell auf, die Werbung wurde "enttarnt". Den Weg in die Presse und in unzählige Blogs fand das Spektakel dennoch.

Die Schaffung eines dichten Social-Media-Netzwerkes rund um Protagonisten von Werbekampagnen, hier beispielsweise um die Person des Filmemachers Jeff Schultz, ist dank einfacher Handhabung und fehlender Nutzungsgebühren der Social-Media-Anbieter schnell umzusetzen. Doch ist die Kampagne nicht mit viel Charme und Witz ausgestattet, droht schnell das Desaster. Gefälschte Identitäten können einen Vertrauensbruch bedeuten, die Kampagne kann zur Demonstration von Manipulierbarkeit werden.

Doch Probleme scheinen die Betreiber auch bei der Eindämmung oder Beendigung von Kampagnen zu haben. Während das "Schlämmerblog" nach dem Ende der offiziellen Kampagne eine Weile unbemerkt vom Betreiber mit Sexnachrichten überflutet wurde und inzwischen von einer Privatperson betrieben wird, sind auch bei BMW die gezielt platzierten Jeff-Schultz-Profile kaum noch von Trittbrettfahrern zu unterscheiden.

Hier sind Strategien der Marketingabteilungen gefragt, eine einmal im Netz begonnene virale Kampagne gleich so zu begrenzen, dass zuviel Partizipation und professionell wirkende Adaption der Marke nicht schadet. Denn noch immer gilt: Was einmal ins Netz losgelassen wurde, kann so leicht nicht wieder eingefangen werden.

 



Der Film in voller Länge

Sehen Sie den Film "The Ramp" hier in voller Länge.