Die Werbelandschaft verändert sich
Text:
Jens O. Brelle
Schöne,
neue Fernsehwelt
–
die neue Europäische Fernsehrichtlinie verspricht Chancen
und Möglichkeiten für Werbetreibende in den Medien, bringt jedoch auch starke
Werbeeinschränkungen für bestimmte Produkte: Tabak und Medikamente.
Die Richtlinie hat das Ziel, durch die Schaffung eines harmonisierten
rechtlichen Rahmens Hindernisse für die Herstellung und Verbreitung von
Fernsehprogrammen zu beseitigen, faire Wettbewerbsbedingungen zu
gewährleisten und auch den freien Informationsfluss und Meinungsaustausch in
der Gemeinschaft zu sichern. Die Novellierung fand im November 2007 ihren
Schluss. Bis Ende 2009 haben nun die EU-Mitgliedsländer Zeit, die
Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.
Einige Neuerungen sind unstrittig, so zum Beispiel die Regelungen von der
Kenntlichkeit des Anbieters, die Grundsätze zum Schutz der Jugend und der
Menschwürde, sowie die Co- und Selbstregulierung der Medien.
Sehr umstritten sind jedoch die geplanten Lockerungen im Bereich der
Werbung, insbesondere im Bereich der Produktplatzierungen. Grundsätzlich
wird in Deutschland zwischen Schleichwerbung und Product Placement
unterschieden. Schleichwerbung ist eine Art von getarnter Werbung, die der
Zuschauer nicht offensichtlich als Werbung wahrnimmt. Diese Art von Werbung
ist gemäß § 4 Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Deutschland verboten. Bei
Product Placement wird
die Werbebotschaft so platziert, dass der Zuschauer diese nicht als störend
empfindet. In Deutschland ist Product Placement oder auch Produktbeistellung
erlaubt, so lange kein Geld fließt. Wird vom Werbetreibenden Geld für die
mediale Darstellung gezahlt, so handelt es sich um unerlaubtes Product
Placement und somit um Schleichwerbung.
So warb die ARD in ihrer Seifenoper „Marienhof“ zehn Wochen lang für den
Reiseanbieter L’tur und auch in der „Lindenstraße“ kam es bereits vor über
20 Jahren zur Schleichwerbung durch ein „Nesquick“-Placement. Noch
offensichtlicher machte es TV-Koch Tim Mälzer in seiner Sendung „Schmeckt
nicht, gibt’s nicht“ bei VOX. Dort empfahl er nämlich Produkte der Marken
„Iglu“ und „Mondamin“. Der Sender handelte sich dadurch eine Rüge der
Landesanstalt für Medien ein. Ein prominentes Opfer von Schleichwerbung
wurde zuletzt die nun ehemalige ZDF-Moderatorin Andrea Kiewel, die etwas zu
oft den Namen der Firma „Weight Watchers“ vor einer laufenden Kamera genannt
hatte.
Kein Geld geflossen ist für die Zurschaustellung des BMW Z3 in „James Bond –
Golden Eye“. In diesem Fall spricht man von „cross promotion“. BMW wollte
den gerade neu entwickelten Z3 Roadster weltweit bekannt machen und warb im
Gegenzug für den Film in seiner eigenen Kampagne.
Nach dem Willen der EU sollen die Bestimmungen zu Produktplatzierungen im
Fernsehen gelockert werden. Nach wie vor soll es zwar ein Verbot für Product
Placement gegen Entgelt geben, dieses enthält jedoch einen
Erlaubnisvorbehalt für Kinofilme, Filme, Serien, Sportsendungen und
Sendungen der leichten Unterhaltung. Weiterhin verboten bleibt Product
Placement bei Nachrichtensendungen, Kinderprogrammen, Dokumentationen und
Ratgebersendungen. Deutschland will sich dem Willen der EU nicht beugen und
möchte von dem Ausstiegsrecht aus dem EU-Reglement Gebrauch machen. Nach
dieser Ausstiegsklausel können die EU-Mitgliedsländer die Freigabe von
Product Placement für sich ablehnen. Die Umsetzung der EU-Fernsehrichtlinie
wird in Deutschland hauptsächlich durch die Änderung des
Rundfunkstaatsvertrages umgesetzt. Es wird also in den Händen der einzelnen
Bundesländer liegen, das Verbot des Product Placement gegen Entgelt zu
lockern. Hier ist erscheint jedoch nur eine bundeseinheitliche Lösung
sinnvoll zu sein. Neu dürfte Product Placement für den Zuschauer also nicht
sein. Mit einer Lockerung des Verbots für Product Placement würde also nur
das Legalisiert werden, was heute bereits Realität ist. Abzuwarten ist
daher, wie die Bundesländer im Hinblick auf die Änderungen des
Rundfunkstaatsvertrags entscheiden.
Auch bei der Frequenz der Werbeunterbrechungen sind Lockerungen geplant:
Kino- und Fernsehfilme, aber auch Nachrichtensendungen können zukünftig
einmal alle 30 Minuten für eine Werbepause unterbrochen werden, pro Stunde
sind wie bislang auch zwölf Minuten Werbung erlaubt. Diese Obergrenze von
zwölf
Minuten gilt auch für Kindersendungen, wobei hier die Besonderheit gilt,
dass Kindersendungen erst unterbrochen werden dürfen, wenn diese länger als
30 Minuten dauern. Außerdem sollen Verhaltensrichtlinien erstellt werden, um
Werbung für ungesunde Nahrungsmittel in Kinderprogrammen zu vermeiden.
Ein vollständiges Fernsehwerbeverbot wird es für Tabakprodukte und
verschreibungspflichtige Medikamente geben. |
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55
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