Inhaber von
Immaterialgüterrechten wie beispielsweise Urheber-, Marken-, Kennzeichen-, Muster- und
Patentrechten, sollen mit Hilfe der so genannten Enforcement-Richtlinie (oder auch
Durchsetzungsrichtlinie) in ihren Rechten gegen Beeinträchtigungen und
Rechtsverletzungen besser geschützt werden.
Die Europäische Enforcement-Richtlinie (48/2004/EG) musste spätestens
bis zum 29. April 2006 in nationales Recht umgesetzt werden. Deutschland hat die
Umsetzung im April 2008 geschafft, also mit zweijähriger Verspätung. Deshalb
hat die Europäische Kommission gegen Deutschland (und auch Frankreich,
Portugal, Schweden und Luxemburg) vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt. Am 01.09.2008 ist dann das Gesetz zur
„Durchsetzung des Rechts des geistigen Eigentums“ in Kraft getreten.
Auswirkungen hat die Richtlinie auch auf das Patentgesetz,
Gebrauchsmustergesetz, Markengesetz, Halbleiterschutzgesetz,
Urheber-rechtsgesetz, Geschmacksmustergesetz und Sortenschutzgesetz.
Entwicklung der
Enforcement-Richtlinie
Aufgrund der
rasanten Zunahme von Marken- und Produktpiraterie-Fällen wurde bereits im
Jahr 1998 das „Grünbuch zur Bekämpfung von Nachahmungen und Produktpiraterie
im Binnenmarkt“ von der Europäischen Kommission vorgelegt. Mit diesem
Maßnahmenkatalog erzielte man jedoch nicht das gewünschte Ergebnis und so
wurde im Januar 2003 der „Vorschlag für eine Richtlinie über die Maßnahmen
und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum“ veröffentlicht.
Im April 2004 trat dann die Enforcement-Richtlinie 2004/48/EG in Kraft.
Gegenstand der Richtlinie sind nach Art. 1 Maßnahmen, Verfahren und
Rechtsbehelfe, die erforderlich sind, um die Durchsetzung der Rechte des
geistigen Eigentums sicherzustellen. Den
größten Anteil gefälschte Produkte stellen Accessoires, Sportbekleidung und Schuhe.
Aufschluss über diese alarmierende Situation gibt beispielsweise die Studie des
Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) zum Thema Produkt- und
Markenpiraterie, denn auch vor dem Kopieren von großen Maschinen wird nicht
Halt gemacht. Durch die BASCAP-Studie Global Survey on Counterfeiting and
Piracy wurde festgestellt, dass die Länder China und Russland das
schlechteste Umfeld für den Schutz von geistigem Eigentum bieten.
Auch im Internet,
das natürlich kein rechtsfreier Raum ist, gibt es immer mehr
Handlungsbedarf wegen unerlaubter Tauschbörsennutzung oder der wegen
unerlaubter Verwendung fremder Bilder. Hier sollten nicht nur die
Rechte des Urhebers geschützt werden, sondern auch die Verbraucher vor
überhöhten Abmahnungen.
Inhalt der
Enforcement-Richtlinie
Nach etlichen Entwürfen und Stellungnahmen
trat am 01.09.2008 mit mehr als zwei Jahren Verspätung das „Gesetz zur
Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums“ in Kraft.
Die wesentlichen
Neuerungen des Enforcement - Gesetzes sind:
1.
Die
Beweismittelbeschaffung bzw. Beweislastregelung:
Mit in Kraft
treten des Enforcement-Gesetzes müssen Fälscher unter bestimmten
Voraussetzungen sich selbst belastende Beweismittel bei Gericht vorlegen.
Bestehende Beweisprobleme können so dem Nachahmer aufgebürdet werden.
2.
Die Möglichkeit der Beweissicherung im Wege des einstweiligen Rechtschutzes:
Dadurch, dass die Beweislast neu geregelt
wurde, kann der Rechteinhaber Unterlassungsansprüche wirksamer durchsetzen
und die Rechtsverletzung durch eine einstweilige Verfügung unterbinden.
3.
Ein erweiterter Auskunftsanspruch:
Durch den erweiterten Auskunftsanspruch müssen bei offensichtlichen
Rechtsverletzungen auch Dritte, die an der schädigenden Handlung mittelbar
beteiligt sind, Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg erteilen.
Der Geschädigte erhält somit ein umfassenderes Bild über die Verbreitung der
Fälschungen. Erteilt der Schädiger grob nachlässig oder absichtlich falsche
und unvollständige Auskünfte, macht er sich schadensersatzpflichtig. Eine
große Rolle wird dies vor allem bei Internet-Service-Providern spielen.
Unter bestimmten Voraussetzungen müssen nun Informationen über die Identität
des Rechtsverletzers herausgegeben werden. Eine dieser Voraussetzung ist,
dass der Rechtsverletzer selbst in gewerblichem Ausmaß gehandelt hat.
4.
Die Vereinfachung der Möglichkeit, Waren in Fällen der EU-Grenzbeschlagnahme
zu vernichten:
Mit der Einführung des Gesetzes können nun auch Waren vernichtet werden, die
sich nicht mehr beim Nachahmer befinden, sondern schon bei jenen, die
die Ware vertreiben. Ferner können auch die Geräte vernichtet werden, mit
denen die Plagiate hergestellt wurden. Erweist sich ein Vorgehen gegen einen
Rechtsverletzer als ungerechtfertigt, so hat der Rechtsinhaber die Pflicht
zur Schadensersatzzahlung.
Der größte Streitpunkt bei der Umsetzung lag jedoch bei der Regelung des
Schadensersatzes.
Generell gibt es bei der Berechnung von Schadensersatz drei Möglichkeiten:
Entgeht demjenigen, dessen Rechte durch die widerrechtliche Nutzung verletzt
werden, ein Gewinn, ist ihm ein Schadensersatz in Höhe des entgangenen
Gewinns zu zahlen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, die Herausgabe des
Gewinns zu verlangen, wenn derjenige, der die Rechte des Urhebers verletzt
hat, einen konkreten Gewinn erlangt hat. Die häufigste Variante ist jedoch
die Schadensberechnung mit Hilfe der Lizenzanalogie. Hier ist die Höhe des
Anspruchs zu ermitteln, der dem Inhaber eines verletzten Schutzrechts gegen
den Verletzer zusteht. Der Verletzer soll grundsätzlich nicht anders stehen
als ein vertraglicher Lizenznehmer. Das heißt auch, dass der Schädiger den
Geschädigten so zu stellen hat, wie er ohne das schädigende Verhalten stehen
würde. Somit entfällt eine Besserstellung des Geschädigten.
Die Kommission hat dem nationalen Gesetzgeber mit der Richtlinie die
Möglichkeit der so genannten „doppelten Lizenzgebühr“ eröffnet. Diese
Möglichkeit hat der Gesetzgeber aber nicht genutzt, sondern am System
der „einfachen Lizenzgebühr“ festgehalten. Eine Ausnahme ist die GEMA: Wird dort keine Lizenzgebühr bezahlt, wird ein
„Kontrollkostenzuschlag“ fällig. Dies wurde bereits ausgiebig bei der
Umsetzung der Richtlinie diskutiert. Man bezeichnete diesen Zuschlag dort
als „Straf- bzw. Verletzerzuschlag“. Einen solchen „Straf- oder
Verletzerzuschlag“ kennt das deutsche Urheberrecht aber nicht. Der Zuschlag
der GEMA ist durch die Rechtsprechung anerkannt. Die Begründung lautet hier,
dass er der Finanzierung des Überwachungsapparates der GEMA dient. Ein
Umdenken beim nationalen Gesetzgeber ist momentan nicht zu erwarten und ein
einheitliches europäisches Recht, was diesen Punkt betrifft, wohl auch
nicht.
Neu und nicht in der Enforcement-Richtlinie vorgesehen, ist die Deckelung
des Aufwendungsersatzes von Abmahnkosten auf 100 Euro (§ 97a UrhG). Dies ist
vor allem bei einfach gelagerten Fällen möglich, die nicht gewerblich sind
und auch nur eine unerhebliche Rechtsverletzung beinhalten. Mit Hilfe dieses
Paragrafen soll missbräuchlichen Gebührenforderungen entgegengewirkt werden.
Neu eingeführt wurde auch in ein erweiteter Auskunftsanspruch (§ 101 UrhG).
Die Musikindustrie kann mit dessen Hilfe schneller auf die
Kommunikationsdaten von Tauschbörsennutzer zugreifen. Somit erspart man sich
das bislang aufwendige Verfahren, die Daten der Nutzer ausfindig zu machen.
Ganz so einfach ist die Beschaffung der Daten jedoch nicht, erforderlich ist immer noch eine
richterliche Verfügung. Hier schließt sich dann auch der Kreis zu der
2008 eingeführten Vorratsdatenspeicherung. Wurden vor der Einführung der
Verpflichtung der Anbieter von Telekommunikationsdaten, die Daten der
einzelnen Nutzer von den Providern schnell gelöscht, sind diese nun
verpflichtet, die Daten mindestens sechs Monate zu speichern.
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Die Autoren
Jens O. Brelle, geboren am 15. November 1968. Hamburger
Medienanwalt. Seit 2000 Rechts- und Medienanwalt, Hamburg &
Berlin. Die Kanzlei betreut kreative und gestalterisch tätige Unternehmer.
Der kostenlose Newsletter >>>ART-LAWYER®.DE #actuals bringt immer montags
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Design-, Medien- und Kulturbranche.
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Denise Jurack, geboren 1981. Ausbildung zur Schauwerbe-gestalterin. Seit
2004 Studentin der Rechtswissenschaften an der Universität Hamburg mit
Schwerpunkt Information und Kom-munikation. Seit 2007 Werk-studentin in der
Kanzlei RA Jens O. Brelle - Art-Lawyer. |