Ausgabe 57
Upgrade der Wirklichkeit:
Zur Zukunft des World Wide Web





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Digitalisierter Alltag:
Wirklichkeit und virtuelle Welt verschmelzen

Das Internet der Zukunft:
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Content is King – Entertainment is Queen: Branded Entertainment
Quo vadis Markenführung im Web
Geistiges Eigentum muss
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Presse

Digitalisierter Alltag: Wirklichkeit und virtuelle Welt verschmelzen

Die Zukunft der mobilen Web-Nutzung



Text:
Björn Brückerhoff, Münster

Bilder: Mac Funamizu, Tokio
Videos: Microsoft, TED-Konferenz

In der Welt des Designers Mac Funamizu muss niemand nach dem Weg fragen. Wörter in gedruckten Bücher können wie im World Wide Web angeklickt werden. Fremde sprechen sich auf der Straße an, weil sich ihre Interessen decken. Das World Wide Web macht das möglich, es ist mobil, dynamisch, es versteht uns. Und es ist endlich im Alltag angekommen, seine Angebote ergänzen die Wirklichkeit. So sehr, dass die Menschen sich fragen werden, wie sie jemals ohne ausgekommen sind.

 

Funamizus Visionen sind gewagt und provokant, aber ein Spinner ist der Japaner nicht. Seine Ideen spielen nicht in ferner Zukunft, sondern könnten schon bald zumindest zum Teil Wirklichkeit werden. Microsoft, Nokia und (natürlich) Google entwickeln bereits Technologien, die die virtuelle Welt des World Wide Web mit dem Alltag verschmelzen lassen. Während man heute froh ist, dass Websites auf dem Mobiltelefon so angezeigt werden können, wie man sie aus dem Webbrowser im Büro oder zu Hause kennt, sind die Anwendungen der nahen Zukunft ausschließlich für die mobile Nutzung gedacht.

Microsoft hat gleich mehrere Visionen unterschiedlicher Realitätsnähe im Angebot. Durchaus realistisch erscheint dabei vor allem Microsoft Surface. Das Programm bietet eine Benutzeroberfläche, die über einen flachen, berührungs-empfindlichen Monitor bedient wird. Dieser ist beispielsweise in eine Tischoberfläche eingelassen. Das Display bemerkt nicht nur Berührungen, sondern interpretiert auch Bewegungen der Hand. Wischen, wedeln, ziehen, drück
en die intuitive Benutzung ist bereits von Apples iPhone bekannt.

Surface erkennt aber auch andere Geräte, die auf die Tischplatte gelegt werden, zum Beispiel Digitalkameras oder Mobiltelefone. Dort gespeicherte Bilder
fallen dann sichtbar auf dem Monitor aus der Kamera oder dem Telefon und können auf dem Tisch vergrößert oder hin- und hergeschoben werden. Die endlosen Halden digitalisierter Fotos, die sich auf den Computern vieler Nutzer angesammelt haben, werden plastisch, als hätte man es mit physischen Objekten zu tun (siehe Video). Die Anwendungs-möglichkeiten sind vielfältig, vom Restaurant bis zur Chirurgie.



Microsoft Surface



Mit Microsoft Surface erhalten Daten physische Eigenschaften, die den Umgang mit ihnen erleichtern (Video: Microsoft)




Heute kann bei Aka-aki bestaunt werden, wie die Spezialisierung von heute bereits ausgiebig genutzten Social Networks auf Mobilkommunikation aussehen wird. Das Unternehmen bietet eine Software für Handys an, die nach einer kostenlosen Anmeldung via Bluetooth erkennt, ob andere Personen in der Nähe sind, die bei Aka-aki angemeldet sind. Das können die eigenen Kontakte sein, oder auch andere Mitglieder der Community. So soll es leichter werden, zufällig anwesende Freunde nicht zu verpassen. Aber Aka-aki schneidet auch automatisch mit, wer sich sonst in der Umgebung aufgehalten hat. So kann man später sehen, an wem man aus Versehen vorbeigelaufen ist
oder wem man schon oft begegnet ist, ohne sich zu kennen. Vielleicht lohnt sich eine Kontaktaufnahme? Das eigene Nutzerprofil wird mit Interessen und Eigenschaften gefüllt und mit anderen Profilen abgeglichen. Wenn man also in Zukunft von fremden Menschen auf der Straße angesprochen wird, weil sich zum Beispiel die persönlichen Interessen zu 80 Prozent decken, wird man sich vielleicht nicht mehr wundern.

Wem jetzt schon schwindelig ist
es geht noch weiter: Soziale Netzwerke können natürlich nicht nur zur Kontaktanbahnung unter Menschen genutzt werden. Die Daten selbst sind in der Lage, sich automatisch vernetzen. Heute, da jedes moderne Mobiltelefon mit einer Digitalkamera ausgestattet ist und die Positionsdaten geschossener Fotos leicht erhoben werden können, böte die Kombination der Daten die Möglichkeit, ein realistisches Bild der Welt auf Basis der Schnappschüsse von Millionen Nutzern zu konstruieren. Aus Milliarden Einzelaufnahmen müsste ein Computerprogramm anhand der Geodaten dynamische Ansichten der Welt zusammensetzen können    unterstützt auch von so genannten tags in Bilddatenbanken, also Metainformationen über den Bildinhalt, die von Nutzern eingeben werden. Später könnte dieser Schritt durch automatische Bilderkennung abgelöst werden.

Ein Team um
Blaise Aguera y Arcas von Microsoft hat dafür das Programm Photosynth entwickelt, das es tatsächlich vollbringt, Bilder aus Bilddatenbanken wie Flickr zu dreidimensional wirkenden Kompositionen zusammenzurechnen. Photosynth bedient sich dabei beispielsweise der Meta-Informationen, die in Form von tags in Flickr vorliegen. Das Ergebnis ermöglicht Kamerabewegungen durch virtuelle Räume, die allein aus unterschiedlichsten Aufnahmen konstruiert worden sind. Google Earth könnte bald wie eine müde Spielerei wirken  (siehe Video).




Photosynth
 


Blaise Aguera y Arcas führt 2007 auf der TED-Konferenz in Monterey  zunächst das Programm Seadragon vor, das den Umgang mit riesigen Bilddaten erlaubt. Anschließend zeigt er, wie Einzelbilder über Photosynth zu Gesamtwerken zusammengerechnet werden können (Video: TED Conference)..




Doch zurück zu den Visionen des Mac Funamizu. Das Looking Glass, ein Multifunktionsgerät mit dem Aussehen einer weiß eingefassten Glasscheibe, stellt den Zugang zu einer grenzenlos vernetzten Welt dar. Es erklärt den Weg, auch innerhalb von Gebäuden, zeigt historische Aufnahmen von Straßenzügen perspektivisch korrekt an, blendet Navigationshinweise wie in Google Maps ein und ermöglicht im Rückgriff auf digitalisierte Buchbestände die Verknüpfung gedruckter Zeilen in Büchern mit den Wissensdatenbanken des World Wide Web.





Funamizu kombiniert mit seiner Vision die Verschmelzung virtueller Inhalte und der Wirklichkeit und zeigt zugleich, wie die nächste Stufe des World Wide Web aussehen könnte.
Im Internet sind Computer miteinander verbunden, im World Wide Web sind es Dokumente
Websites, beispielsweise. Im semantischen Web werden es einzelne Daten sein.

Lernen Sie auf den folgenden sechs Seiten weitere Ideen kennen, wie die mobile Nutzung in Zukunft aussehen könnte. Im Video am Ende der Bilderstrecke sehen sie, wie
Nokia Research und das Cambridge Nanoscience Center schon über die übernächste Generation der Mobilkommunikation nachdenken (Video auf Seite 7).

 


 

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