BILDDATENBANKEN
Bilder, tiefgefroren


TEXT: KAI HALLER
BILD: PHOTOCASE.DE



Dokumentationen, Soaps, Casting-, Talk- und Quiz-Shows, Spielfilme, Nachrichtensendungen und Werbung, Tageszeitungen, Nachrichten-Magazine, Frauen-, Männer- und Lifestyle-Magazine. Unsere Fernsehgeräte laufen auf Hochtouren und die Druckpressen ohne Pause. Heute bestaunt und morgen schon wieder vergessen.

In der schnelllebigen Mediengesellschaft werden uns Tag für Tag so viele Bilder vorgeführt, dass nur wenige im Gedächtnis hängen bleiben. Es gibt jedoch Motive, die dauerhaft sind: Marilyn Monroe im weißen Kleid über dem Luftschacht, Albert Einstein mit ausgestreckter Zunge.


Diese zwei Schnappschüsse und ungefähr elf Millionen andere Fotos sind Bestandteil der Bettmann-Sammlung. Aktueller Besitzer des Archivs, das zu den wertvollsten Bildersammlungen der Welt gehört, ist die Bildagentur
Corbis. Die US-Firma ist wiederum im Besitz von Microsoft-Gründer Bill Gates. Gates erkannte schon 1989 die Bedeutung (Rendite) von Bildern und Bildrechten und gründete Corbis. Heute verfügt die Agentur über weit mehr als 70 Millionen Originalmotive, Negative und Digitalfotos. Corbis ist Marktführer.

Unbestrittenes Prunkstück des Corbis-Archivs ist die Bettmann’sche Fotosammlung. Sie ist ein Schatz, der nicht nur durch seine Einzigartigkeit die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Für die Medien ist das Archiv eine riesige Fundgrube und Materialspender im alltäglichen Geschäft. Ende der Neunziger Jahre drohte dieser Schatz allerdings zu zerfallen. Unaufhaltsam nagte der Zahn der Zeit an den bedeutenden fotografischen Dokumenten. „
Das 20. Jahrhundert wird eines sein, das man im Wesentlichen über seine Bilder erschließen und begreifen kann. Doch dieses Gedächtnis droht nun, für immer verloren zu gehen“ schrieb "aspekte"-Redakteur Gerald Giesecke bei
ZDF.de über den drohenden Zerfall der Sammlung.

Obwohl die Mitarbeiter von Corbis auf Hochtouren Bilder der Sammlung digitalisierten, gelang es ihnen bisher nur, einen kleinen Teil der analogen Aufnahmen in das digitale Zeitalter zu überführen. Das Gros des bildlichen Gedächtnisses von Otto Bettmann musste mit einem Masterplan gerettet werden, den Ken Johnston von Corbis wie folgt erklärt: „
Um Originale zu erhalten, macht man es ähnlich wie mit Nahrungsmitteln. Wenn man es länger aufheben will, friert man es ein.“


Gesagt, getan. Corbis mietete im „Tiefkühlmausoleum“ der Firma Iron Mountain Lagerplatz für die alternde Foto-Sammlung an. Iron Mountain ist mittlerweile ein börsennotiertes Unternehmen und verwaltet unterirdisch und eisgekühlt alle Schätze, die von ihren Besitzern für die Ewigkeit bestimmt worden sind. Ursprünglich war Iron Mountain eine Kalksteinmine. Mitte der 30er Jahre erwarb der Pilzzüchter Herman Knaust die Mine im ländlichen Pennsylvania. Die Geschäftsidee scheiterte und er gründete Iron Mountain, so die sehr verkürzte Fassung der Geschichte. Bei -20 Grad Celsius in 70 Meter Tiefe finden so die konservierten Momente mit Marilyn Monroe, Albert Einstein, Jimi Hendrix und Co. ihre vorerst letzte Ruhe – als Original versteht sich.

Doch der größte Vorteil der Gefriertechnik ist gleichzeitig der größte Nachteil. Denn der mit Abstand größte, bisher nicht digitalisierte Teil der Bettmann-Sammlung ist nun inicht mehr verfügbar. Zwar sind die Bilder jetzt vor dem Verfall gerettet, aber für die Welt nur noch äußerst schwer zugänglich. Eigens für das Bettmann-Archiv ließ Corbis die angemietete Fläche im Iron Mountain-Bunker umbauen. 70 Meter unter der Erde entstanden Rechercheräume und Grafikbearbeitungsplätze. Zusätzlich kostet das Digitalisieren eines jeden Bildes 20 US-Dollar. Bis heute sind 225.000 Bilder eingescannt und digitalisiert worden. Eine geringe Zahl, betrachtet man die gesamte Sammlung von cirka 11 Millionen Motiven. Die Isolation in der Mine scheint jedoch der einzige Weg zu sein, die Bildarchive dauerhaft für die Öffentlichkeit zu retten.

AUSGABE 38
DER BILDERSTURM




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EDITORIAL VON BJÖRN BRÜCKERHOFF
INTERVIEW MIT FLORIAN ILLIES
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DOPPELT UND DREIFACH BESTRAFT
OPFER DER GEWOHNHEIT
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LIEBER FÜNF MINUTEN ZWEIFELN...
EIN BILD LÜGT MEHR ALS TAUSEND WORTE
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