Florian Illies, geboren 1971, hat im Jahr 2000 den Versuch
unternommen, die Erinnerungen seiner Generation in einem Buch zu
systematisieren. Sein Erstling "Generation Golf" wurde zum Bestseller.
Wie bei jeder Erfolgsstory fanden sich zahlreiche Neider und Nachahmer.
Illies arbeitete als Feuilletonredakteur der Frankfurter Allgemeinen
Zeitung. Heute lebt er als Autor in Berlin, hat zwei
weitere erfolgreiche Bücher geschrieben und gerade begonnen, zusammen mit
seiner Frau Amélie von Heydebreck ein Magazin für "Kunst und Leben"
herauszugeben.
Zwar war Illies als Feuilletonredakteur stets fern des Kugelhagels (Illies
über Illies), dennoch ist ihm natürlich die in allen Bereichen überzeugende Kraft der Bilder wohlbekannt.
Sein Magazin "Monopol", für sieben Euro im gut sortierten
Zeitschriftenhandel zu erwerben, beschäftigt sich "tiefsinnig und humorvoll"
mit dem, was uns täglich an Oberflächlichkeiten umgibt. Hauptsächlich
geht es um die Kunst.
Mit Oberflächlichkeiten hat Illies bereits 2000 in
seinem Buch "Generation Golf" hantiert. Darin wies er sich als
minutiöser Beobachter der Siebziger und Achtziger Jahre aus
– aber nicht selten reduziert auf eine bildreiche
Erinnerung an Markennamen. Vielfach wurde ihm vorgeworfen, seine eigene
Weltsicht dieser Jahrzehnte in den Stand der Allgemeingültigkeit zu erheben.
Und dies, obwohl Illies sein gern als "Sachbuch" bezeichnetes
Werk ironisierend enden lässt:
"Wir
haben, obwohl kaum erwachsen, schon jetzt einen merkwürdigen Hang zur
Retrospektive, und manche von uns
schreiben schon mit 28 Jahren ein Buch über ihre eigene Kindheit, im eitlen
Glauben, daran lasse sich die Geschichte einer ganzen Generation erzählen."
In der Gegenwart spricht
Illiesüber die Bedeutung der Bilder,
das Politische in einem Kunstmagazin und den Missbrauch der Medien durch den
Terrorismus.
Die Gegenwart: Herr Illies, überall Krise:
in der Politik, in der Wirtschaft, in den Medien. Und Sie gründen das
Kunstmagazin "Monopol". Wo ist die Medienkrise geblieben?
Florian Illies:
Man sagt ja immer: als Unternehmer muss man antizyklisch denken… Aber im
Ernst Das Wort Medienkrise ist arg strapaziert worden in den vergangenen
Jahren. Krisen kann man nur dadurch bewältigen,dass
man dagegen angeht. So wie Sie es selber tun. Und so wie wir es machen. Für
Monopol war die Zeit einfach reif.
Monopol ist
eines von mehreren neuen Magazinen, die zunächst durch ihre opulente
Bebilderung und ihre feine Typographie auffallen. Warum hat offenbar –
thematisch unabhängig – die gute Optik von Magazinen generell so stark an
Bedeutung gewonnen?
Illies: Ich
glaube nicht, dass Magazine heute schöner sein müssen als früher. Schon der
„Querschnitt“ in den zwanziger Jahren, die „Jugend“ vor hundert Jahren, das
waren mit allen Mitteln der Kunst gestaltete
Magazine. Was stimmt: Bilder sind heute wichtiger geworden, der heutige
Mensch will die Welt vor allem visuell erfassen. Und die Ansprüche der
Leser wachsen da – vor allem auch durch die internationalen Magazine.
Sie haben in
Ihren Büchern Ihre Generation charakterisiert. Jetzt habe die „Generation
Golf“ das Bedürfnis nach einer sinnlichen Befriedigung ihrer ästhetischen
Sehnsüchte, sagten Sie im Interview mit der Welt am Sonntag. Woher kommt
dieses Bedürfnis?
Illies: Die
vergangenen Jahrzehnte mit ihrer manchmal fast höllischen Geschwindigkeit
der technischen Innovationen haben kaum Zeit gelassen, ästhetische und
andere sinnliche Bedürfnisse zu entwickeln – geschweige denn zu befriedigen.
Woher wissen
Sie von diesem Bedürfnis?
Illies: Durch
persönliche Erfahrung, Kalkül und Instinkt - all dies zusammen hat Amelie
von Heydebreck und mich zur Gründung dieses Titels ermutigt.
Wer sollte
Monopol lesen?
Illies: Idealerweise dasselbe Publikum,
welches sich auf einer spannenden Vernissage
trifft: Künstler, Kuratoren, Sammler, kunstinteressierte Laien. Und die
Menschen, die gerne ein Magazin lesen, daß Ihnen zeigt, wie viel Gegenwart
in der zeitgenössischen Kunst steckt.
„Monopol“, so sagen Sie im Interview mit der Welt am Sonntag, soll kein
Magazin nur für Kunstexperten sein. Sie wollen theoretischen Ballast
abwerfen (vgl. Berliner Zeitung) und möglichst „un-feuilletonistisch“ (vgl.
Handelsblatt) sein.
Trotzdem sprechen Sie eher ein Elite-Publikum an – wann sollte man „Monopol“
lieber nicht lesen?
Illies: Ich weiß
nicht, von welcher Elite sie hier genau sprechen. Wenn wir eine Elite
ansprechen, dann die, die noch Augen im Kopf hat. Monopol sollte man nicht
lesen, wenn man sich nicht überraschen und nicht verführen lassen will.
Monopol ist
ein Magazin für „Kunst und Leben“. Kritiker meinen, dass das „Leben“ in den
beiden bisherigen Ausgaben noch zu kurz gekommen sei. Sehen Sie hier auch
Verbesserungsbedarf? Wie könnte dieser aussehen?
Illies: Sollten
Sie darauf anspielen, das wir uns in der ersten Ausgabe noch relativ
unpolitisch verhalten haben, so gebe ich Ihnen recht.
Da gab es Verbesserungsbedarf. Die zweite Ausgabe finden wir diesbezüglich
schon ganz gelungen. Andererseits ist es für uns eben besonders wichtig,
auch in der Kunst das „Leben“ zu entdecken. Denn es steckt in ihr drin – man
muß es nur zeigen.
Welche Rollen
könnten politische Themen in Ihrem Magazin für „Kunst und Leben“ in Zukunft
spielen?
Illies: Gesellschaftspolitische Themen werden bei uns immer eine wichtige Rolle
spielen, da sie ebenso eine Realität der Kunst sind wie deren ökonomische
Bedingungen.
Der Einfluss von Bildern und Videos auf die internationale Politik
hat zweifelsohne zugenommen.
In „Monopol“ geht es auch um Bilder – in der Kunst.
Doch gibt es auch Schnittmengen mit dem „realen“ Leben, zum
Beispiel in der künstlerischen Verarbeitung von Selbstmordanschlägen durch
Mathilde ter Heijne, die in Ihrer aktuellen Ausgabe interviewt wird.
Im amerikanischen Magazin „The New Yorker“ wird das Politische mit dem
Literarischen verknüpft. Inwiefern könnte dieses Magazin ein Vorbild für
Ihre Zeitschrift sein?
Illies: Der New
Yorker ist eine großartige Zeitschrift, steht aber ganz für sich. Als wir
Monopol gegründet haben, haben wir nicht auf andere Magazine oder auf andere
Länder geschielt. Es ging uns nie darum, etwas zu machen, wie. Monopol ist
ein gänzlich neues Konzept.
Wie erklären Sie sich den Effekt der Veröffentlichung der Folterbilder aus
Abu Ghureib, während dieunbebilderten Berichte des Roten Kreuzes zunächst medial unbeachtet
geblieben sind?
Illies: In einer globalisierten visuellen Zeit haben
die Bilder mehr Macht als die Worte – weil die Codes und deren Verletzungen
weltweit in Sekunden-bruchteilen verstan-den werden können.
Was halten
Sie von der Veröffentlichung von Videoaufnahmen, die terroristische
Handlungen zeigen? Notwendig für die allgemeine Information oder unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt?
Illies: ...
DIE GEGENWART
DANKT
Die Gegenwart
dankt der Agentur Ostkreuz
und Jens
Rötzsch herzlich für die kostenlose Bereit-stellung der Porträtbilder von
Florian Illies.
Terroristen spielen gekonnt auf der Klaviatur der
westlichen Medienlandschaft. Sind die Medien durch Veröffentlichung großer
Bilderstrecken und Videobotschaften im Fernsehen zum Sprachrohr des
Terrorismus geworden?
Illies: Die Medien sind sicher eine der stärksten
Waffen der Terroristen (und natürlich auch ihrer Verfolger). Schon die RAF
nutzte bei Schleyer auf perverse Weise die Mittel des Medialen.
Wird ein
Künstler auf die Idee kommen, Terrorvideos (z.B. die Ermordung von Nicholas
Berg) in einem Kunstwerk zu verarbeiten?
Illies: Das ist nicht ausgeschlossen. Doch die
Videokunst kannte Bekennervideos schon lange vor den Bekennern.
Würden Sie so
eine Kunst in „Monopol“ veröffentlichen?
Illies: Das ist abstrakt schwer zu beantworten.
Vermutlich: Nein.
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