Content is King – Entertainment is Queen:
Branded Entertainment als Zukunft
der Marketingkommunikation im Web


Text: Jan Sebastian Schmalz und Kristina Tsvetkova   
Bildmaterial: BMW




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3. Branded Entertainment als Antwort auf Aufmerksamkeitsdefizite

Die Wachstumszahlen der Online-Werbung sind ohne Zweifel beeindruckend. Branded Entertainment wird allerdings nicht separat ausgewiesen und der Anteil an den Online-Werbespendings ist daher nicht näher zu beziffern. Doch die Werbeform ist eindeutig auf dem Vormarsch und es spricht einiges dafür, dass sie in Zukunft zum zentralen Baustein der Marketingkommunikation im Web wird. Die Gründe sollen nun näher erläutert werden.

Ein Grundproblem der klassischen Werbung ist, dass sie von der anvisierten Zielgruppe selten gewollt und daher meist vermieden wird. Unterbricht Werbung das TV-Programm, gehen die meisten zum Kühlschrank oder zappen weg. Ebenso werden Anzeigen in Zeitschriften überblättert, Online-Banner mit Adblocker-Software gefiltert und Wurfsendungen ungelesen der Wertstoffwiederverwertung zugeführt.

Dieses Effizienz- und Wirkungsproblem der Werbung wird durch die voranschreitende Digitalisierung medialer Inhalte und Verbreitungswege noch weiter verschärft. Experten wie Scott Donaton, Herausgeber der amerikanischen Fachzeitschrift
Advertising Age, sprechen in diesem Zusammenhang von einer Ära des „Consumer Empowerment“, in der Rezipienten dank der neuen technischen Möglichkeiten in der Lage sind, ihr Medienprogramm zunehmend individuell zusammenzustellen: „It’s about consumers who have been empowered by the Internet and devices such as TiVo recorders and iPod music players, digital storage systems that turn what had been passive consumers into their own network TV programmers, their own radio disc jockeys” (Donaton 2004: 5). Da hat Unterbrecherwerbung kaum eine Chance.

Branded Entertainment ist angesichts dieses Paradigmenwechsels der Mediennutzung keine bloße Taktik, sondern eine völlig andere Strategie, um im „Battle of Messages“ die Oberhand zu bewahren. Das Grundprinzip ähnelt der legendären Kriegslist des trojanischen Pferdes – die Werbetreibenden verpacken ihre Botschaften als Unterhaltung, auf dass sich der Rezipient die Werbung freiwillig ins Haus holen möge.
Dies funktioniert im Übrigen selbst dann, wenn „trojanisches Pferd“ in großen Lettern auf dem Korpus der Figur prangt, sich also eine Marke deutlich als Absender zu erkennen gibt. Statt Push-Kommunikation zu betreiben, wird mit Branded Entertainment das Prinzip der Pull-Kommunikation verfolgt, bei der die Nutzer zum Abruf eines werblichen Kommunikationsangebotes selbst die Initiative ergreifen müssen (beziehungsweise dürfen).

Gerade für das Internet gilt dabei, dass diese Strategie nicht nur Erfolg versprechend, sondern zugleich fast Erfolgsbedingung ist. Denn während das Internet eine Reihe von Eigenschaften besitzt, die es zum idealen Werbemedium machen (hohe Reichweite bei jungen, gut verdienenden Zielgruppen, Interaktivität, direkte Verknüpfung mit weitergehenden Produktinformationen ohne Medienbruch etc.), sind die Nutzer nirgendwo so schwer für herkömmliche Werbung zu erreichen.

Das hat zunächst technische Gründe – Werbeblocker-Software, die Werbebanner ausblendet und das Anzeigen von Pop-Ups verhindert, ist kostenlos verfügbar und ohne Spezialwissen verwendbar. Darüber hinaus besteht aber noch mehr als bei anderen Medien eine extreme Konkurrenz zwischen unzähligen, gleichzeitig verfügbaren Kommunikationsangeboten. Die Nutzer müssen laufend entscheiden, was sie als nächstes tun wollen und werden dabei stets mit einer riesigen Anzahl von Optionen konfrontiert. Eine passive Berieselung wie beim Fernsehen – einschalten und laufen lassen – ist kaum möglich, und folglich beträgt die Aufenthaltszeit auf einzelnen Webseiten im Schnitt nur wenige Minuten. Da bleibt wenig Zeit und Geduld, um auf Banner, Pop-Ups oder Flash-Ads zu achten.

Branded Entertainment im Web trägt diesen Voraussetzungen Rechnung und bietet den Nutzern im Idealfall einen echten Mehrwert, der diese zur freiwilligen und bewussten Auseinandersetzung mit den Botschaften der Werbetreibenden verleitet. Neben der Interaktivität und der Integration der verschiedensten Medienangebotsformen (Text, Bild, Video) bietet das Internet zudem einen weiteren wichtigen Vorteil: auf diesem Weg distribuierte Inhalte sind jederzeit und global verfügbar und daher nicht von den räumlichen und zeitlichen Beschränkungen herkömmlicher Medien betroffen. Aus diesen Gründen stellt das Internet die Plattform dar, die sich am besten für Branded Entertainment eignet und auf der auch die meisten entsprechenden Aktivitäten stattfinden.

Um ein näheres Verständnis davon zu vermitteln, wie Branded Entertainment im Web funktioniert, sollen nun die zentralen Zielsetzungen und Eigenschaften dieser Werbeform aus Sicht der Marketingkommunikation vorgestellt werden.

 



Ausgabe 57
Upgrade der Wirklichkeit:
Zur Zukunft des World Wide Web





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